24.07.2014
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Wir gedenken Manfred Stenner: Friedensaktivist der ersten Stunde und einer der Veranstalter der Demonstrationen gegen die faktische Abschaffung des Asylrechts 1993. Foto: Hardy Lohmeyer

Die Flüchtlingsbewegung verliert einen ihrer aktivsten Mitstreiter für eine Welt ohne Kriege und Rassismus. Am vergangenen Donnerstag starb der Bonner Friedensaktivist Manfred Stenner im Alter von 60 Jahren.

Mit Mani Sten­ner ver­liert auch die Flücht­lings­be­we­gung einen ihrer engs­ten Ver­bün­de­ten und aktivs­ten Mit­strei­ter für eine gerech­te, fried­li­che und huma­ne Welt ohne Krie­ge, Ver­fol­gung, Gewalt, Aus­gren­zung und Rassismus.

Noch im Mai die­sen Jah­res – anläss­lich  einer Demons­tra­ti­on (sei­ner letz­ten) in Bonn gegen Rechts­ra­di­ka­lis­mus – bat er PRO ASYL um Unter­stüt­zung: „Flucht und Asyl“, die deut­sche und euro­päi­sche Flücht­lings­po­li­tik dürf­ten bei einer sol­chen Ver­an­stal­tung als The­ma nicht feh­len. Und wir den­ken zurück an die begin­nen­den 90er Jah­re: ohne das ste­te, hart­nä­cki­ge und kon­se­quen­te Enga­ge­ment von Mani in Bonn, der damals alle Groß­de­mons­tra­tio­nen vor und nach der Ände­rung des Arti­kels 16 GG ver­ant­wort­lich orga­ni­sier­te, hät­ten PRO ASYL und die Flücht­lings­be­we­gung mit unse­ren Argu­men­ten in der Öffent­lich­keit nie so nach­hal­tig durch­drin­gen können.

Zum Bei­spiel am  3. Okto­ber 1992: Groß­de­mons­tra­ti­on im Bon­ner Hof­gar­ten gegen Ras­sis­mus und für das Grund­recht auf Asyl; Mani, der die­se Demons­tra­ti­on orga­ni­siert hat­te, konn­te bei der Schluss­kund­ge­bung dar­auf ver­wei­sen, dass sich weit über 100.000 Men­schen ver­sam­melt hat­ten. Nach Auf­trit­ten u.a. der „Toten Hosen“ und des ful­mi­nan­ten Her­bert Grö­ne­mey­er hat­te Her­bert Leu­nin­ger das Schluss­wort. In knap­pen Sät­zen warf er dem Verr­fas­sungs­schutz völ­li­ges Ver­sa­gen bei der Bewah­rung des Grund­ge­set­zes vor und ende­te unter gro­ßem Bei­fall mit der Paro­le: „ Wir – sind – der – Ver­fas­sungs­schutz!“. Oder im Mai 1993 – bei der Demons­tra­ti­on anläss­lich der Grund­gestz­än­de­rung –  als Mani gro­ßen Gefal­len dar­an hat­te, dass wir mit dem „Bauch­la­den“ das (unver­sehr­te) Grund­ge­setz in vie­len  Exem­pla­ren ver­teil­ten und „unters Volk“ brachten.

Dabei war Mani  bei der Viel­falt der Mei­nun­gen und des oft erbit­tern­den Rin­gens um eine gemein­sa­me Stra­te­gie und Vor­ge­hens­wei­se inner­halb der Friedens‑, Men­schen­rechts- und Flücht­lings­be­we­gung, ein immens gedul­di­ger Zuhö­rer und geschick­ter Mode­ra­tor, der jedem Betei­lig­ten das Gefühl ver­mit­teln konn­te, dass sei­ne Argu­men­te und sein Anlie­gen ver­stan­den wurde.

Dass Mani nach den häu­fig unend­lich lan­gen Sit­zun­gen und Ver­hand­lun­gen, dem „Fin­dungs­pro­zess“ der sozia­len Bewe­gun­gen, zu guter Letzt noch in der Lage war, die Dis­kus­si­on so zusam­men­zu­fas­sen und Beschluss–  und For­mu­lie­rungs­vor­schlä­ge zu machen, in denen sich alle wie­der­fan­den, ent­sprach sei­ner Mensch­lich­keit, sei­nem außer­or­dent­li­chen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ta­lent, sei­ner  Ver­net­zungs- und Orga­ni­sa­ti­ons­kom­pe­tenz  und  sei­ner schnel­len intel­lek­tu­el­len Auf­fas­sungs­ga­be. Dabei war er immer beschei­den, prag­ma­tisch und unprä­ten­ti­ös, konn­te sich immer auch per­sön­lich „zurück­neh­men“, weil es  ihm um die Sache, um das gemein­sa­me Anlie­gen ging: eine mäch­ti­ge hör­ba­re Stim­me und „Stim­mung“  zu schaf­fen – für Frie­den und Gerech­tig­keit, gegen Krieg, Ver­fol­gung. Dank sei­ner Inte­gri­tät und Inte­gra­ti­ons­kraft ist dies der Zivil­ge­sell­schaft  und den sozia­len Bewe­gun­gen unter dem Dach der Frie­dens­be­we­gung zu ihren bes­ten Zei­ten immer wie­der gelungen.

Mit Mani Sten­ner ver­lie­ren wir einen Freund und Ver­bün­de­ten, einen beherz­ten Inte­gra­tor, begna­de­ten Koor­di­na­tor und unent­behr­li­chen Media­tor, des­sen Leben und Wir­ken uns Vor­bild, Auf­ga­be und Ver­pflich­tung bleibt.

Hei­ko Kauff­mann und Her­bert Leu­nin­ger für PRO ASYL