23.03.2017
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Faktische Abschaffung des Vorrangs der Jugendhilfe? Ein Gesetzentwurf droht die Situation von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen zu verschlechtern. Foto: Trägerkreis Junge Flüchtlinge e.V.

Voraussichtlich nächste Woche soll ein Gesetz mit dem griffigen Titel »Datenaustauschverbesserungsfortentwicklungsgesetz« im Kabinett diskutiert werden. Hinter dem monströsen Namen verstecken sich umfassende Änderungen für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge.

Der Bun­des­fach­ver­band unbe­glei­te­te min­der­jäh­ri­ge Flücht­lin­ge (BumF e.V.) stellt klar, dass der vor­lie­gen­de Ent­wurf des »Daten­aus­tausch­ver­bes­se­rungs­fort­ent­wick­lungs­ge­setz« eine fak­ti­sche Abschaf­fung des Vor­rangs der Jugend­hil­fe und einen Umbau der Ankunfts­si­tua­ti­on für unbe­glei­te­te min­der­jäh­ri­ge Flücht­lin­ge bedeutet.

Erstunterbringung nicht mehr durch Jugendämter

Wird das Gesetz ver­ab­schie­det, wür­de das Ver­fah­ren der Iden­ti­fi­zie­rung und Erst­un­ter­brin­gung unbe­glei­te­ter Min­der­jäh­ri­ger nicht län­ger durch die Jugend­äm­ter, son­dern durch die Bun­des­po­li­zei oder in Erst­auf­nah­me­ein­rich­tun­gen für Erwach­se­ne erfol­gen. Hier­durch dro­hen unbe­glei­te­ten Min­der­jäh­ri­gen, deren Alter falsch ein­ge­schätzt wur­de, dau­er­haft im Unter­brin­gungs- und Ver­sor­gungs­sys­tems für Erwach­se­ne zu verbleiben.

Bundespolizei soll Alter einschätzen

Per­so­nen, die unbe­glei­te­te Min­der­jäh­ri­ge sein könn­ten, wür­den nicht mehr wie bis­her umge­hend dem Jugend­amt zuge­führt, um ihre Schutz­be­dürf­tig­keit ein­zu­schät­zen und sie umge­hend vor Gefah­ren zu schüt­zen, son­dern müss­ten zunächst durch Ord­nungs­be­hör­den, vor­ran­gig Bun­des­po­li­zei und Erst­auf­nah­me­ein­rich­tun­gen, als unbe­glei­tet und min­der­jäh­rig ein­ge­schätzt wer­den, bevor eine Inob­hut­nah­me durch das Jugend­amt erfolgt.

Kinderschutzstandards werden unterlaufen

Dabei fehlt den Ord­nungs­be­hör­den die fach­li­che Qua­li­fi­ka­ti­on, sowohl für die Iden­ti­fi­zie­rung als auch im Umgang mit die­ser beson­ders schutz­be­dürf­ti­gen Per­so­nen­grup­pe – natio­na­le Kin­der­schutz­stan­dards wer­den so unterlaufen.

Beson­ders deut­lich wird dies bei der Alters­ein­schät­zung. Die­se wür­de nicht mehr durch die Jugend­hil­fe erfol­gen und fän­de, ent­ge­gen der bestehen­den euro­pa­recht­li­chen Vor­ga­ben, ohne eine ent­spre­chen­de Berück­sich­ti­gung des Kin­des­wohls statt. Nicht nur natio­na­le, auch inter­na­tio­na­le Kin­der­schutz­stan­dards blie­ben somit unbeachtet.

Die­ser Text wur­de vom BumF e.V. als Pres­se­mit­tei­lung veröffentlicht.