15.02.2013
Image
Streit um Asylbewerberunterkunft in der Idylle - der kleine Heideort Undeloh. Foto: flickr - Aureusbay

In vielen Orten wird über geplante Asylbewerberunterkünfte gestritten. Oft treten dabei rassistische Vorurteile zu Tage. So auch in Undeloh. Doch in dem kleinen Heide-Ort, der aufgrund rassistischer Aussagen in einer Gemeindeversammlung in die Schlagzeilen geriet, haben Bürgerinnen und Bürger reagiert – und sich für Flüchtlingsschutz und gegen Rassismus ausgesprochen.

„Wer schützt unse­re Frau­en vor den Asy­lan­ten?“ „Unse­re Gäs­te wol­len hier ent­span­nen und nicht Dun­kel­häu­ti­ge oder Frau­en mit Kopf­tuch sehen!“ „Die wer­den hier an unse­ren schöns­ten Plät­zen rum­gam­meln“. Die Äuße­run­gen, die nach einem Bericht des Nord­hei­der Wochen­blat­tes bei einer öffent­li­chen Sit­zung des Unde­lo­her Gemein­de­rats fie­len, sind erschre­cken­de ras­sis­ti­sche Dif­fa­mie­run­gen aus der Mit­te der Gesell­schaft. Unge­wöhn­lich sind sol­che Äuße­run­gen nicht, vor allem, wenn, wie der­zeit im tou­ris­tisch gepräg­ten Hei­de-Ort Unde­loh, über geplan­te Asyl­be­wer­ber­un­ter­künf­te gestrit­ten wird.

Dass über sol­che Aus­sa­gen in der Lokal­pres­se berich­tet wird, ist dage­gen wohl eher sel­ten – weil anwe­sen­de Lokal­jour­na­lis­ten sie als unwich­ti­ge Rand­er­schei­nun­gen wahr­neh­men. Oder weil sie sich in ihrer Regi­on nicht unbe­liebt machen wol­len. Der Jour­na­list des Buch­hol­zer Wochen­blat­tes hat das auf sich genom­men und die ras­sis­ti­schen Zwi­schen­ru­fe in den Vor­der­grund sei­nes Berichts gestellt – zum Miss­fal­len vie­ler Unde­lo­her. Stand in der Gemein­de­rats­sit­zung noch die Befürch­tung im Vor­der­grund, eine Asyl­be­wer­ber­un­ter­kunft sei schlecht für das Geschäft mit den Tou­ris­ten,  hat­te Unde­loh inner­halb weni­ger Stun­den ein ganz ande­res Pro­blem: Meh­re­re über­re­gio­na­le Medi­en wie etwa der NDR und die taz berich­te­ten über die aus­län­der­feind­li­chen Aus­fäl­le. Schlecht für einen Ort, der vom Frem­den­ver­kehr lebt.

Unde­lohs Gemein­de­rat, der die geplan­te Asyl­be­wer­ber­un­ter­kunft ein­stim­mig abge­lehnt hat­te, sah sich ver­an­lasst, mit einer öffent­li­chen Erklä­rung zu reagie­ren, die den Bericht des Wochen­blatts als „ein­sei­ti­ge und sach­lich völ­lig unvoll­stän­di­ge“ Dar­stel­lung zurück­wies. Wor­te des Bedau­erns ange­sichts der ras­sis­ti­schen Belei­di­gun­gen gegen­über schutz­su­chen­den Men­schen sucht man dar­in lei­der noch ver­geb­lich. Viel­leicht ein Grund, war­um der Unde­lo­her Ver­kehrs­ver­ein mit einer eige­nen Erklä­rung nach­leg­te, der man schon eher abnimmt, dass es dem Ver­ein um mehr als blo­ße Image­pfle­ge geht.

Tat­säch­lich nen­nen die Unde­lo­her in ihren Erklä­run­gen gute Grün­de, die gegen eine grö­ße­re Asyl­be­wer­ber­un­ter­kunft in ihrem Ort spre­chen: Eine grö­ße­re Sam­mel­un­ter­kunft in dem klei­nen, abge­le­ge­nen Dorf, in dem es kei­ne Geschäf­te gibt und es außer einem Schul­bus kei­ne Bahn- oder Bus­an­bin­dung gibt, ist für Flücht­lin­ge unzu­mut­bar. Jedes „Dschun­gel­la­ger“, in denen Asyl­su­chen­de von der Öffent­lich­keit abge­schnit­ten oft Jah­re ihres Lebens ver­lie­ren, und von denen es lei­der zahl­rei­che gibt, ist eines zu viel. Erfreu­lich ist vor die­sem Hin­ter­grund, dass sich Unde­loh offen­bar für die Unter­brin­gung von immer­hin sechs oder viel­leicht acht Flücht­lin­gen in Woh­nun­gen bereit erklärt. Die dezen­tra­le Unter­brin­gung ermög­licht Kon­tak­te zwi­schen Ein­hei­mi­schen und den Flücht­lin­gen – und das trägt erfah­rungs­ge­mäß ganz erheb­lich dazu bei, um Vor­ur­tei­le abzubauen.

Auch will der Ver­kehrs­ver­ein Unde­loh zusam­men mit der dort ansäs­si­gen Ver­di-Bil­dungs­stät­te nun eine Initia­ti­ve gegen Aus­län­der­feind­lich­keit und Vor­ur­tei­le zu star­ten. Ein erfreu­li­ches Ergeb­nis einer uner­freu­li­chen Geschichte.

Nach­trag: Das NDR berich­te­te noch­mals aus­führ­lich am 19. Febru­ar: „Ein Dorf und die Rassismusvorwürfe“