11.11.2011
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Bei einer Pressekonferenz im Freien schilderten Flüchtlinge den Journalisten ihre Lebenssituation. Foto: lagerhesepe.blogspot.com

Bei einer Pressekonferenz forderten Flüchtlinge aus der Landesaufnahmebehörde Bramsche Hesepe die Abschaffung der Lagerunterbringung.

„Wir sind wegen Krieg aus unse­rem Land geflo­hen und kom­men dann nach Deutsch­land und wer­den wie Ver­bre­cher behan­delt. Wir lei­den unter Depres­sio­nen und Trau­ma­ti­sie­run­gen, bekom­men kei­ne Hil­fe und haben kei­ne Per­spek­ti­ven, weil wir so iso­liert sind“, sagt Ahmad, ein Flücht­ling aus Afgha­ni­stan, der wie rund 590 ande­re Flücht­lin­ge in Bram­sche unter­ge­bracht ist.

Wäh­rend ande­re nie­der­säch­si­sche Kom­mu­nen Asyl­be­wer­bern die dezen­tra­le Unter­brin­gung in Woh­nun­gen und damit ein Stück weit Inte­gra­ti­on ermög­li­chen, sind die Flücht­lin­ge in Bram­sche gezwun­gen, in Mehr­bett­zim­mern in den Gebäu­den einer umzäun­ten ehe­ma­li­gen Kaser­ne zu leben – 24 Kilo­me­ter ent­fernt von Osna­brück und 4 km von Hese­pe. Die Fahrt nach Osna­brück kos­tet ein­fach 5,40 Euro – für die Flücht­lin­ge, die 40 Euro im Monat zur Ver­fü­gung haben, kaum zu bezah­len. Die Flücht­lin­ge pro­tes­tie­ren gegen ihre Iso­la­ti­on, das Kan­ti­nen­es­sen, die Beschäftigungslosigkeit.

„Wir wer­den ent­mün­digt und sind fremd­be­stimmt. Wir sind auf Essen und Schla­fen redu­ziert und all unse­re Wün­sche und Hoff­nun­gen und die unse­rer Kin­der ster­ben zwi­schen Sta­chel­draht und Sicher­heits­per­so­nal“, schrei­ben die Flücht­lin­ge in einem offe­nen Brief. „Wir wer­den von Tag zu Tag krän­ker und schwä­cher. Man­che von uns wer­den ver­rückt.“ Die gesund­heit­li­chen Fol­gen des Lager­le­bens, die die Flücht­lin­ge beschrei­ben, bestä­tigt auch eine „Ana­ly­se der gesund­heit­li­chen Situa­ti­on von Asyl­su­chen­den in der Regi­on Osna­brück“ der dor­ti­gen Universität.

Auf wenig Ver­ständ­nis stie­ßen die For­de­run­gen beim zustän­di­gen Lei­ter des Lagers, Con­rad Bramm. Einem Medi­en­be­richt der Neu­en Osna­brü­cker Zei­tung zufol­ge zeig­te er sich „sehr ent­täuscht, wie hier immer wie­der gegen uns agi­tiert wird“, und behaup­te­te, „poli­ti­sche Orga­ni­sa­tio­nen“ wür­den die Flücht­lin­ge instru­men­ta­li­sie­ren – wofür sag­te er lei­der nicht. Den Vor­wurf, die Asyl­be­wer­ber leb­ten in Hese­pe iso­liert in einem umzäun­ten Gelän­de, wies er zurück, eben­so wie Kla­gen über unge­nü­gen­des Kan­ti­nen­es­sen. Gegen „sol­che üble Nach­re­de“ wol­le er „recht­li­che Schrit­te“ ein­lei­ten. Die Lösung der Pro­ble­me der Flücht­lin­ge sieht Bramm in der „frei­wil­li­gen Rück­kehr“ der Flüchtlinge. 

PRO ASYL unter­stützt die For­de­run­gen der Flücht­lin­ge nach einer dezen­tra­len Unter­brin­gung in Wohnungen.

Bericht des NDR

Pres­se­mit­tei­lung des Flücht­lings­rats Niedersachsen

Pres­se­mit­tei­lung der Flüchtlinge

Mehr Infor­ma­tio­nen zur Unter­brin­gung von Flücht­lin­gen in Deutsch­land (pdf)