23.12.2011
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In den Diskussionen über die Unterbringung von Flüchtlingen war in den letzten Wochen mancherorts schon von Zelten oder Turnhallen die Rede - aber immerhin noch nicht von Ställen. Foto: flickr / Timo_Beil

In zahlreichen Kommunen bereitet die Unterbringung von Asylsuchenden Probleme, denn 2010 und 2011 sind die Flüchtlingszahlen gestiegen. Doch die Probleme sind hausgemacht.

„Flücht­lings­strom berei­tet Kopf­zer­bre­chen“, „Mehr Asyl­be­wer­ber im Süd­wes­ten“, „Not­la­ge durch Flücht­lin­ge“ – die Lokal­pres­se im gan­zen Land ist seit meh­re­ren Wochen vol­ler Berich­te über gestie­ge­ne Asyl­be­wer­ber­zah­len und feh­len­de Unter­künf­te. In der Tat: Die Zahl der Flücht­lin­ge, die hof­fen, in Deutsch­land Schutz zu fin­den, ist ange­stie­gen. Kamen im Jahr 2009 27.600 Asyl­su­chen­de hier­her, waren es 2010 41.000. Im ers­ten Halb­jahr 2011 wur­den 20.600 Erst­an­trä­ge auf Asyl gestellt. Also müs­sen die Kom­mu­nen mehr Flücht­lin­ge beherbergen.

Dass jetzt an vie­len Orten neue Unter­künf­te gesucht wer­den und teils von „Not­un­ter­künf­ten“ die Rede ist, ver­mit­telt jedoch ein fal­sches Bild der Lage. Denn die hek­ti­sche Her­bergs­su­che in den Kom­mu­nen liegt nicht an einem angeb­li­chen „Flücht­lings­strom“ oder einer „Bewer­ber­wel­le“, son­dern schlicht dar­an, dass die Kom­mu­nen im Zuge der seit 1992 extrem gesun­ke­nen Asyl­be­wer­ber­zah­len ihre Unter­kunfts­plät­ze teils stark redu­ziert hat­ten. Offen­bar war man davon aus­ge­gan­gen, dass die Zah­len wei­ter­hin sin­ken und hielt kei­ne Unter­künf­te in Reserve.

Nun zei­gen sich vie­le Kom­mu­nen bereits bei einem leich­ten Anstieg der Asyl­su­chen­den über­for­dert. Das ist fatal: Zum einen ent­steht so der Ein­druck, die Flücht­lin­ge sei­en eine kaum zu bewäl­ti­gen­de Last. Zum ande­ren droht den Asyl­su­chen­den, auf die Schnel­le not­dürf­tig in über­füll­te oder unge­eig­ne­te Unter­künf­te gesteckt zu wer­den. PRO ASYL for­dert gene­rell, dass Flücht­lin­ge dezen­tral in Woh­nun­gen unter­ge­bracht wer­den und nicht in Sam­mel­un­ter­künf­ten, die Schutz­su­chen­de aus­gren­zen, stig­ma­ti­sie­ren und krank machen.

Mit den stei­gen­den Zah­len von Asyl­an­trag­stel­lern zeich­net sich die Neu­auf­la­ge einer alten Pole­mik ab: Angeb­lich hät­ten die Kom­men­den oft kei­ne Flucht­grün­de. Wer das mit den Sta­tis­ti­ken des Bun­des­amts für Migra­ti­on und Flücht­lin­ge (Bamf) zu stüt­zen ver­sucht, soll­te wis­sen: Die Schutz­quo­te des Bamf spie­gelt im Wesent­li­chen eines wie­der – kom­men mehr Flücht­lin­ge, erhal­ten weni­ger Schutz. Doch die Flücht­lin­ge kom­men heu­te kei­nes­wegs mit schlech­te­ren Grün­den nach Deutsch­land. Im Gegen­teil: Schon die Haupt­her­kunfts­län­der die­ses Jah­res zei­gen, dass ein Groß­teil der Flücht­lin­ge aus Afgha­ni­stan, aus Syri­en, aus dem Irak und dem Iran kom­men – aus Län­dern, die auf der Lis­te der Kri­sen­her­de die­ser Welt ganz oben stehen.