28.08.2012
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PRO ASYL-Preisträgering Gergishu Yohannes mit ihrem Laudator Wolfgang Grenz.

Die STIFTUNG PRO ASYL verleiht ihren Menschenrechtspreis 2012, die PRO-ASYL-Hand, an Gergishu Yohannes. Die Preisträgerin setzt sich mit unermüdlichem Einsatz dafür ein, dass der Opfer an den Außengrenzen gedacht wird und ihnen Gerechtigkeit widerfährt.

Ihr eige­ner Bru­der starb im August 2009 zusam­men mit 76 ande­ren Flücht­lin­gen auf dem Mit­tel­meer. Das in See­not gera­te­ne Boot der Schutz­su­chen­den trieb 23 Tage lang im Kanal von Sizi­li­en. Die meis­ten star­ben an Dehy­drie­rung und Erschöp­fung. Nach Anga­ben der fünf Über­le­ben­den fuh­ren täg­lich meh­re­re Schif­fe an ihnen vor­bei, die sie hät­ten ret­ten können.

Wochen­lang tele­fo­nier­te Ger­gis­hu Yohan­nes mit Behör­den und Hilfs­or­ga­ni­sa­tio­nen auf der Suche nach Infor­ma­tio­nen über den Ver­bleib des Boo­tes. Doch obwohl die ita­lie­ni­sche und die mal­te­si­sche Küs­ten­wa­che den Auf­ent­halts­ort des Boo­tes kann­ten, wur­den die Flücht­lin­ge nicht gerettet.

Ger­gis­hu Yohan­nes such­te die Über­le­ben­den in einem Kran­ken­haus und einem Inter­nie­rungs­la­ger in Sizi­li­en auf. Sie erfuhr von ihnen, wie die schiff­brü­chi­gen Flücht­lin­ge ver­geb­lich ver­such­ten, die vie­len vor­bei­fah­ren­den Schif­fe zur Ret­tung zu bewe­gen und wie Tag für Tag mehr Men­schen starben.

»Nichts hat mich so mit­ge­nom­men wie die Berich­te vom Ster­ben die­ser Men­schen auf dem Meer.«

Ger­gis­hu Yohannes

Ger­gis­hu Yohan­nes reis­te durch Euro­pa, nach Eri­trea und in den Sudan, besuch­te die Fami­li­en der Opfer, die sie kann­te, forsch­te nach den Namen wei­te­rer Opfer. Über 1.300 Ange­hö­ri­ge und Freun­de der Toten aus der gan­zen Welt brach­te Yohan­nes in einer Inter­es­sen­ge­mein­schaft zusam­men. Mit Voll­mach­ten der Ange­hö­ri­gen aus­ge­stat­tet, klag­te sie gegen den ita­lie­ni­schen Staat – wegen unter­las­se­ner Hil­fe­leis­tung mit Todes­fol­ge in 77 Fäl­len. „Die Ver­ant­wort­li­chen, die nicht geret­tet haben, müs­sen zur Rechen­schaft gezo­gen wer­den“, for­dert die Preis­trä­ge­rin. Euro­pa müs­se end­lich gewähr­leis­ten, dass Men­schen­rech­te für Alle gel­ten – auch für Flücht­lin­ge vom afri­ka­ni­schen Kontinent.

Die Kata­stro­phe von Som­mer 2009 ist kein Ein­zel­fall. Im Jahr 2011 kamen über 2000 Boots­flücht­lin­ge im Mit­tel­meer ums Leben – Men­schen, die inmit­ten eines mit moderns­ter Tech­no­lo­gie über­wach­ten, dicht befah­re­nen Meers in unse­rer unmit­tel­ba­ren Nähe star­ben, weil sich Euro­pa sys­te­ma­tisch gegen Flücht­lin­ge und Migran­ten abschottet.

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Das Enga­ge­ment von Ger­gis­hu Yohan­nes und ihrer Mit­strei­te­rin­nen und Mit­strei­ter zeigt der Öffent­lich­keit in Deutsch­land und Euro­pa, dass die Opfer die­ser fata­len Flücht­lings­po­li­tik kei­ne Namen­lo­sen sind. Hin­ter jedem Men­schen, der bei der Über­que­rung des Mee­res umkommt, ste­hen Fami­li­en­an­ge­hö­ri­ge, Freun­din­nen und Freun­de, die der Tod ihrer Lie­ben in Trau­er und Ver­zweif­lung hin­ter­lässt. Die Ange­hö­ri­gen der Toten leben in ver­schie­de­nen Län­dern – auch in Deutschland.

Die STIFTUNG PRO ASYL ver­leiht Ger­gis­hu Yohan­nes den Men­schen­rechts­preis am 8. Sep­tem­ber 2012 um 14 Uhr im Haus am Dom in Frank­furt am Main.