08.05.2012
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Betroffene, Aktivistinnen und Expertinnen zugleich: die Protagonistinnen des Films von Denise Garcia Bergt

Seit 20 Jahren kämpfen Flüchtlinge gegen die sogenannte Residenzpflicht, die ihnen in das Recht auf Bewegungsfreiheit verwehrt. Ihrem Kampf hat Denice Garcia Bergt einen Dokumentarfilm gewidmet.

Der Film „Resi­denz­pflicht“ beglei­tet Flücht­lin­ge in ihrem jah­re­lan­gen Kampf gegen das restrik­ti­ve Gesetz, dass ihnen unsicht­ba­re Gren­zen in den Weg stellt und sie nicht sel­ten der Iso­la­ti­on aus­setzt. Die Doku­men­ta­ti­on stellt die Resi­denz­pflicht dar­über hin­aus in einen grö­ße­ren Kon­text: Sie zeigt wie die­se Restrik­ti­on im Inne­ren mit der Abschot­tungs­po­li­tik an den euro­päi­schen Außen­gren­zen zusam­men­hängt und inwie­fern die Regle­men­tie­rung der Bewe­gungs­frei­heit mit kolo­nia­lem Erbe und All­tags­ras­sis­mus ver­wo­ben ist.

Seit 1982 sorgt die soge­nann­te Resi­denz­pflicht dafür, dass Flücht­lin­ge in Deutsch­land ihren Wohn­ort ohne Erlaub­nis nicht ver­las­sen dür­fen, solan­ge ihnen nicht die Auf­ent­halts­er­laub­nis erteilt wird – für vie­le dau­ert die­ser Pro­zess jah­re­lang. Unab­hän­gig davon, ob sie irgend­wo Fami­lie haben oder eine Com­mu­ni­ty vor­han­den ist, die ihnen das Ankom­men erleich­tern könn­te, wer­den sie nach einem Ver­tei­lungs­sys­tem auf Län­der und sogar Bezir­ke ver­teilt. Sie haben kei­ne Mög­lich­keit, den Wohn­ort frei zu wäh­len oder zu wech­seln. Wer­den sie in einem ande­ren Bun­des­land oder Bezirk auf­ge­grif­fen, droht ihnen ein Buß­geld, im wie­der­hol­ten Fall sogar ein Strafverfahren.

Der im Film dar­ge­stell­te Kampf der Flücht­lin­ge gegen die Rege­lung zeig­te in den letz­ten Jah­ren ers­te Erfol­ge. Nach­dem selbst­or­ga­ni­sier­te Initia­ti­ven, Flücht­lings­rä­te und PRO ASYL kon­ti­nu­ier­lich gegen das Gesetz vor­ge­gan­gen sind, beschloss 2009 erst­mals die bran­den­bur­gi­sche Regie­rung eine Erwei­te­rung des Auf­ent­halts­be­reichs. Dies hat­te eine Signal­wir­kung für ande­re Bun­des­län­der, die nach und nach eben­falls die Restrik­tio­nen locker­ten. In die­sen Län­dern zeich­ne­te sich eine deut­li­che Ver­bes­se­rung der Lebens­qua­li­tät für vie­le Flücht­lin­ge ab: Die Poli­zei­kon­trol­len lie­ßen nach, Fahr­ten in ande­re Lan­des­krei­se wur­den selbstverständlich.

Doch auch wenn vie­le Bun­des­län­der die Resi­denz­pflicht libe­ra­ler aus­le­gen als frü­her – als „räum­li­che Beschrän­kung des Auf­ent­hal­tes“ ist sie in Deutsch­land nach wie vor Gesetz. Vie­le Flücht­lin­ge, die kei­nen Rei­se­pass vor­wei­sen kön­nen, oder denen „Ver­schleie­rung der Iden­ti­tät“ vor­ge­wor­fen wird, kön­nen nach wie vor von den Ver­bes­se­run­gen nicht pro­fi­tie­ren. Schließ­lich kön­nen alle Flücht­lin­ge, die nach Deutsch­land kom­men, noch immer ihren nicht Wohn­ort frei wäh­len. Selbst jene, die ein Arbeits- oder Bil­dungs­an­ge­bot in einem ande­ren Land­kreis oder Bun­des­land bekom­men, kön­nen dies in der Regel nicht anneh­men und blei­ben an die Wohn­sitz­auf­la­ge und an ein Leben in Flücht­lings­la­gern gebun­den. Des­halb muss der Kampf gegen die Resi­denz­pflicht und die Wohn­sitz­auf­la­ge weitergehen.

Am Don­ners­tag den 10. Mai um 20.15 Uhr fin­det die Pre­mie­re des Films „Resi­denz­pflicht“ in Baby­lon Mit­te in Ber­lin statt. Zugleich ist eine Foto­aus­stel­lung über die Resi­denz­pflicht vom Umbruch-Bild­ar­chiv zu sehen. Im Anschluss an die Film­vor­füh­rung wird es ein Gespräch mit den Prot­ago­nis­ten und dem Film­team geben.

 Auf dem Weg zur end­gül­ti­gen Abschaf­fung der „Resi­denz­pflicht“ (19.03.14)