13.09.2014
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Fabrizio Gatti brachte durch seine investigativen Recherchen die verweigerte Lebensrettung, das Sterben lassen von Flüchtlingen im Mittelmeer ans Licht.

Heute wurde in Frankfurt die PRO-ASYL-Hand an den italienischen Journalisten Fabrizio Gatti verliehen. Gatti deckt seit den neunziger Jahren Menschenrechtsverletzungen an Flüchtlinge auf.

Ohne Fabri­zio Gat­ti wären die skan­da­lö­sen Umstän­de des töd­li­chen Flücht­lings­dra­mas vom 11. Okto­ber 2013 nicht bekannt. Acht Tage nach der Bootstra­gö­die vor Lam­pe­du­sa am 3. Okto­ber ertran­ken 260 Flücht­lin­ge aus Syri­en, dar­un­ter über 100 Kin­der, bei einem wei­te­ren Unglück vor der ita­lie­ni­schen Insel. Alle hät­ten geret­tet wer­den kön­nen, so das Ergeb­nis von Gat­tis Recher­chen, wenn die ita­lie­ni­schen Behör­den sofort die See­not­ret­tung ein­ge­lei­tet hätten.

Nach dem Unter­gang des Flücht­lings­schif­fes macht er sich auf die Suche nach den Fak­ten, der Geschich­te hin­ter der Mel­dung – minu­ti­ös doku­men­tiert er die unter­las­se­ne Lebens­ret­tung: Das Flücht­lings­boot wur­de in der Nacht zum 11. Okto­ber von einem liby­schen Schnell­boot ver­folgt und beschos­sen. Dadurch geriet das Boot in See­not und droh­te zu sin­ken. Die am Vor­mit­tag des 11. Okto­bers per Satel­li­ten­te­le­fon abge­setz­ten Not­ru­fe wur­den von den ita­lie­ni­schen Behör­den zunächst ignoriert.

Drei Not­ru­fe von dem Flücht­lings­boot gin­gen jedoch unbe­strit­ten zwi­schen 12.26 und 12.56 bei der ita­lie­ni­schen Ein­satz­zen­tra­le ein. Anstatt sofort Ret­tungs­maß­nah­men zu ergrei­fen, ver­wie­sen die ita­lie­ni­schen Ver­ant­wort­li­chen jedoch auf die Zustän­dig­keit von Mal­ta. Das Flücht­lings­boot habe sich in der mal­te­si­schen See­not­ret­tungs­zo­ne (SAR) befun­den. Erst als Mal­ta Stun­den spä­ter wie­der­um Ita­li­en um Unter­stüt­zung bat, schick­te die Ein­satz­zen­tra­le in Rom ein Ret­tungs­schiff – zu spät. Kurz nach 17 Uhr begann das Flücht­lings­boot zu sin­ken, mehr als 260 Men­schen ertran­ken. Sie alle hät­ten über­le­ben kön­nen, wenn die Ret­tungs­maß­nah­men sofort ein­ge­lei­tet wor­den wären. Eine Über­prü­fung der Not­warn­sys­te­me zeigt, dass das nur weni­ge See­mei­len vom Unglücks­ort ent­fern­te ita­lie­ni­sche Mari­ne­schiff LIBRA erst um 17:14 Uhr ange­for­dert wur­de- vier­ein­halb Stun­den nach dem von Rom bestä­tig­ten ers­ten ein­ge­gan­ge­nen Not­ruf um 12:26.

Am 30. Okto­ber ver­öf­fent­lich­te Gat­ti einen Teil sei­ne Recher­chen und erin­ner­te an die Kin­der, die am 11.Oktober star­ben – ver­ges­sen auf dem Grund des Mee­res. Und er klagt, die Taten­lo­sig­keit der EU- Staats – und Regie­rungs­chefs an, die weni­ge Tage vor­her, kei­ne Kehrt­wen­de in der euro­päi­schen Flücht­lings­po­li­tik beschlos­sen hatten.

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PRO ASYL-Preis­trä­ger Fabri­zio Gat­ti (links) mit PRO ASYL-Vor­sit­zen­dem Andre­as Lipsch (Mit­te) und einem Über­le­ben­den der von Gat­ti doku­men­tier­ten Flücht­lings­ka­ta­stro­phe vom 11. Okto­ber 2013.

Was Gat­ti recher­chiert und auf­deckt, beschreibt er als sei­ne „beruf­li­che Pflicht“. Er will den­je­ni­gen, die im Mit­tel­meer umkom­men, zumin­dest ihren Namen, ihr Alter und ihre Geschich­te zurück­ge­ben. Die beharr­li­che und her­aus­ra­gen­de jour­na­lis­ti­sche Arbeit von Fabri­zio Gat­ti brach­te die­se ver­wei­ger­te Lebens­ret­tung, das Ster­ben las­sen von Flücht­lin­gen ans Licht. Seit Jah­ren schreibt er gegen die Ent­per­so­na­li­sie­rung von Flücht­lin­gen und Migran­ten an, weil er in der Ent­per­so­na­li­sie­rung die Vor­stu­fe zur Dehu­ma­ni­sie­rung sieht.

Sei­ne inves­ti­ga­ti­ven Repor­ta­gen zu ekla­tan­ten Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen gegen Flücht­lin­ge in Ita­li­en und an wei­te­ren Brenn­punk­ten Euro­pas tra­gen in beson­de­rem Maße zur öffent­li­chen Sen­si­bi­li­sie­rung für das Schick­sal von Schutz­su­chen­den bei. Die STIFTUNG PRO ASYL wür­digt Fabri­zio Gat­ti daher mit der PRO ASYL-Hand 2014.Die Preis­ver­lei­hung fand am 13. Sep­tem­ber 2014 um 14 Uhr im Haus am Dom in Frank­furt am Main statt.

Der Men­schen­rechts­preis der STIFTUNG PRO ASYL wird seit 2006 jähr­lich ver­lie­hen. Gestal­tet wird die „PRO ASYL-Hand“ von Pro­fes­sor Ari­el Aus­len­der von der Uni­ver­si­tät Darm­stadt. Der Men­schen­rechts­preis ist ver­bun­den mit einem Preis­geld von 5.000 Euro.