19.12.2014
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Diana hat mittlerweile eine Aufenthaltserlaubnis, ob ihre Eltern und Geschwister in Deutschland bleiben dürfen ist jedoch unklar. Foto: PRO ASYL

Sie besucht die elfte Klasse, spricht sechs Sprachen fließend, engagiert sich in der Gemeindearbeit und spielt Fußball. Bis vor kurzem lebte sie mit ihrer Familie noch in einem Flüchtlingsheim. Diana, 15, wird durch PRO ASYL mit einem START-Stipendium unterstü

Du lebst seit 11 Jah­ren in Deutsch­land, bist also mit vier Jah­ren hier­her­ge­kom­men. Lan­ge hat­test du nur eine „Dul­dung“. Konn­test du damit ein rela­tiv nor­ma­les Leben füh­ren im Ver­gleich zu ande­ren Jugendlichen?

So nor­mal war mein Leben nicht. Du weißt nie ob du blei­ben kannst oder gehen musst. Ich bin im Asyl­heim auf­ge­wach­sen, mit vie­len Fami­li­en in einem Haus, jede Fami­lie hat­te nur zwei Zim­mer.  Das ist sehr schwer. Vor kur­zem sind wir end­lich umge­zo­gen. Jetzt habe ich ein eige­nes Zim­mer. Vor­her habe ich das Zim­mer mit mei­nen Geschwis­tern geteilt.

Wie ist das Leben in dem klei­nen Ort Bad End­bach für dich? 

Ich habe mich dort gut inte­griert, bin dort in den Kin­der­gar­ten, zur Schu­le gegan­gen, ich ken­ne dort vie­le Men­schen, von der Gemein­de, von der Kir­che und vom Sport. Das ist toll. Vor­ur­tei­le habe ich bei mei­nen ehe­ma­li­gen Nach­barn aber auch erlebt. Sie waren Flücht­lin­gen gegen­über skep­tisch und haben sich um die Sau­ber­keit und Müll­tren­nung gesorgt. Aber mich ken­nen ja vie­le Leu­te und dar­um ist das bei mir kein Problem.

Was machst du in dei­ner Frei­zeit? Du hast das Sti­pen­di­um ja auch bekom­men, weil du dich sehr engagierst. 

In der Kir­chen­ge­mein­de bin ich für die Tech­nik zustän­dig, mache den Ton und neh­me den Got­tes­dienst für die­je­ni­gen, die nicht zur Kir­che kom­men kön­nen, auf CD auf. Alte Men­schen, die nicht mehr gut lau­fen kön­nen, bekom­men dann den Got­tes­dienst auf einer CD von uns nach Hau­se gebracht, das fin­de ich schön. Manch­mal berei­ten wir ein klei­nes Schau­spiel für den Got­tes­dienst vor. Ich lei­te auch den Kin­der­got­tes­dienst, für Kin­der bis zur vier­ten Klas­se. Ich lese ihnen etwas aus der Bibel vor, wir sin­gen. Und außer­dem spie­le ich Fußball.

Wer ist dein Lieb­lings­spie­ler oder dei­ne Lieb­lings­spie­le­rin und wel­che Posi­ti­on spielst du?

Mein Lieb­lings­spie­ler ist David Vil­la. Ich bin Stür­me­rin und spie­le offen­si­ves Mit­tel­feld. In den ers­ten Jah­ren haben wir fast jedes Spiel gewon­nen. Wir haben viel erlebt, haben zum Bei­spiel in Wies­ba­den eine ehe­ma­li­ge Natio­nal­spie­le­rin getrof­fen. Hes­sen­weit waren wir eine der zehn bes­ten Mann­schaf­ten. Seit unser Trai­ner weg­ge­zo­gen ist, kom­men aber immer weni­ger zum Trai­ning. Die letz­ten Spie­le haben wir ver­lo­ren. Wir haben teil­wei­se mit nur sie­ben Spie­lern gespielt, weil uns zwei fehl­ten. Wenigs­tens ver­lie­ren wir nicht im zwei­stel­li­gen Bereich.

Vor dem Hin­ter­grund, dass du in einem Asyl­heim gelebt hast – wie wich­tig ist es, im Fuß­ball­ver­ein zu sein, und auch in der Gemeinde? 

Das ist sehr wich­tig, weil du dann auch Kon­takt zu ande­ren Men­schen hast und etwas ande­res siehst als das Leben im Heim. Raus­kom­men und etwas zu tun zu haben ist sehr wichtig.

Dei­ne Eltern tun eini­ges, um hier blei­ben zu kön­nen. Trotz­dem hast du als ein­zi­ge aus der Fami­lie mitt­ler­wei­le eine Auf­ent­halts­er­laub­nis. Wo liegt das Problem? 

Mei­ne Eltern ver­die­nen zu wenig. Obwohl mei­ne Mut­ter in Voll­zeit arbei­tet, und dazu noch einen Neben­job hat und mein Vater Sai­son­ar­beit macht, heißt es immer, es rei­che nicht. Des­we­gen bekom­men mei­ne Eltern kein Auf­ent­halts­recht. Das fin­de ich unfair.

Erzäh­le uns doch noch etwas von dei­ner Schul­si­tua­ti­on. In wel­che Klas­se gehst du, was sind dei­ne Lieblingsfächer? 

Ich bin in der elf­ten Klas­se und mir lie­gen die Sprach­kom­pe­ten­zen sehr am Her­zen. Ich bin mehr­spra­chig auf­ge­wach­sen und kann sechs Spra­chen flie­ßend spre­chen: Arme­nisch, Rus­sisch, Kur­disch, Deutsch, Eng­lisch und Französisch.

Weißt du schon, was du spä­ter mal wer­den möchtest? 

Nein, aber auf jeden Fall will ich mit Men­schen in Kon­takt sein.

Als Sti­pen­dia­tin bekommst du 100 Euro im Monat. Außer­dem hast du einen Lap­top bekom­men. Was war dei­ne ers­te Reak­ti­on, als du erfah­ren hast, dass du das Sti­pen­di­um bekom­men hast, und wie hilft es dir? 

Das war total cool! Ich muss­te eine Prä­sen­ta­ti­on vor­be­rei­ten, dazu hat­te ich jetzt mei­nen eige­nen Lap­top und konn­te die­se viel bes­ser gestal­ten. Mit dem Geld habe ich mir neue Schul­sa­chen wie Hef­te gekauft. Aber jetzt, nach dem Umzug, will ich mir auch end­lich einen eige­nen Schreib­tisch kau­fen, und die Aus­stat­tung für den Arbeits­platz wie eine Schreibtischlampe.

Gibt es kei­nen Stress mit den Geschwis­tern wegen dem Laptop? 

Eigent­lich denkt man ja, dass sich Kin­der dafür nicht inter­es­sie­ren wür­den. Aber aus­ge­rech­net mein jüngs­ter Bru­der will immer an den Com­pu­ter, zum Spielen.

Umso bes­ser, dass du nach elf Jah­ren nun ein eige­nes Zim­mer hast. Wir sind mit unse­ren Fra­gen durch, möch­test du noch etwas sagen, das dir wich­tig ist?

Ich möch­te mich noch­mal bedan­ken, dass ich als Sti­pen­dia­tin auf­ge­nom­men wor­den bin. Ich hät­te nie gedacht, dass ich das schaffe.

Seit 2002 gibt es das START-Schü­ler­sti­pen­di­um für enga­gier­te Jugend­li­che mit Migra­ti­ons­bio­gra­phie. Auch Kin­der von Flücht­lin­gen wer­den geför­dert. Leben im Lager, Ein­schrän­kung der Bewe­gungs­frei­heit durch Resi­denz­pflicht und ver­ord­ne­te Armut durch das Asyl­be­wer­ber­leis­tungs­ge­setz müs­sen vie­le von ihnen täg­lich erle­ben. Eini­ge leben jah­re­lang in stän­di­ger Angst vor der Abschie­bung. Durch die Koope­ra­ti­on mit START setzt sich die STIFTUNG PRO ASYL für die­se Jugend­li­chen ein.

Durch das START-Sti­pen­di­um erhal­ten sie ein monat­li­ches Bil­dungs­geld, eine PC-Grund­aus­stat­tung mit Inter­net­an­schluss sowie inten­si­ve Bera­tung und Beglei­tung. Sie neh­men an zahl­rei­chen Bil­dungs­ver­an­stal­tun­gen im Rah­men des Sti­pen­di­ums teil. Sie erwer­ben Kom­pe­ten­zen, die ihnen hel­fen, für sich selbst ein­zu­ste­hen und sich in der Gesell­schaft zu enga­gie­ren. Sie wer­den Teil eines Netz­werks von Sti­pen­dia­tin­nen und Sti­pen­dia­ten aus ganz Deutschland.

Mehr Infor­ma­tio­nen zum Sti­pen­di­en-Pro­gramm für jun­ge Flüchtlinge »>