21.06.2011
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Fotos: Philip Eichler

Proteste gegen Abschiebungen auf Flughäfen waren lange so gut wie verboten. Mittlerweile ist das anders. Am 20. Juni demonstrierten 500 Menschen im Flughafen Frankfurt.

Demons­tra­tio­nen gegen Abschie­bun­gen und Abschie­be­zen­tren auf Flug­hä­fen waren lan­ge so gut wie unmög­lich – wer dort etwa Flug­blät­ter ver­teil­te, um Pas­sa­gie­re über dro­hen­de Abschie­bun­gen zu infor­mie­ren, wur­de nicht sel­ten aus dem Flug­ha­fen ver­wie­sen und mit Haus­ver­bo­ten belegt. Doch mitt­ler­wei­le ist das anders: 

Am Welt­flücht­lings­tag, den 20. Juni 2011 demons­trier­ten rund 500 Men­schen mit Sam­ba-Trom­meln, bemal­ten Kof­fern und Trans­pa­ren­ten im Ter­mi­nal 1 des Frank­fur­ter Flug­ha­fens. Sie mach­ten damit dar­auf auf­merk­sam, dass vom Frank­fur­ter Flug­ha­fen aus auch Abschie­be­flü­ge durch­ge­führt wer­den – immer wie­der auch in Staa­ten, in denen den abge­scho­be­nen Men­schen Fol­ter und Not drohen.

Mög­lich gemacht hat die Demons­tra­ti­on Julia Küm­mel. 2003 hat­te sie mit ande­ren Mit­glie­dern der „Initia­ti­ve gegen Abschie­bung“ an einem Abfer­ti­gungs­schal­ter des Frank­fur­ter Flug­ha­fens Flug­blät­ter ver­teilt, die sich gegen die Abschie­bung eines Ira­kers nach Grie­chen­land rich­te­ten. Die Fra­port AG, die Betrei­ber­fir­ma des Flug­ha­fens, erteil­te ihr dar­auf­hin ein Haus­ver­bot und droh­te ihr mit einem Straf­an­trag wegen Haus­frie­dens­bruch. Julia Küm­mel wehr­te sich und zog bis vor das Bundesverfassungsgericht.

Am 22. Febru­ar ent­schied das Gericht in einem Grund­satz­ur­teil, dass deut­sche Flug­hä­fen mit ihren öffent­lich zugäng­li­chen Ver­kehrs­flä­chen kei­ne grund­rechts­frei­en Räu­me sind. Das Ver­bot des Ver­tei­lens von Flug­blät­tern, so die Urteils­be­grün­dung, kön­ne nicht mehr auf den „Wunsch gestützt wer­den, eine Wohl­fühl­at­mo­sphä­re in einer rei­nen Welt des Kon­sums zu schaf­fen, die von poli­ti­schen Dis­kus­sio­nen und gesell­schaft­li­chen Aus­ein­an­der­set­zun­gen frei bleibt. Ein vom Elend der Welt unbe­schwer­tes Gemüt des Bür­gers ist kein Belang, zu des­sen Schutz der Staat Grund­rechts­po­si­tio­nen ein­schrän­ken darf“, heißt es in der Urteilsbegründung.

Dass auch in Zukunft bei bevor­ste­hen­den Abschie­bun­gen oder Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen an Deutsch­lands Flug­hä­fen demons­triert wer­den darf, ist dem Enga­ge­ment von Julia Küm­mel zu ver­dan­ken. Die STIFTUNG PRO ASYL wür­digt sie des­halb am 3. Sep­tem­ber 2011 mit ihrem Men­schen­rechts­preis, der PRO ASYL-HAND.