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Delegation aus Sierra Leone: Fragwürdige Beschaffung von Abschiebe-Dokumenten
Vom 17.10. bis 19.10.2011 soll eine bundesweite Sammelanhörung einer "Delegation" aus Sierra Leone in der Ausländerbehörde Berlin stattfinden, um Reisedokumente für abgelehnte Asylbewerber auszustellen. Derartige Anhörungen in Zusammenwirken mit Delegationen aus Herkunftsstaaten von Flüchtlingen stehen stark unter Kritik.
In den zurückliegenden Jahren fanden ähnliche Anhörungen vor Delegationen des sierra-leonischen Staates statt. Im Jahr 2008 wurden laut Angaben der Bundesregierung 407 Personen zur Anhörung geladen, davon erschienen 246. Bei 115 Personen war die Identitätsfeststellung und die damit verbundene Dokumentenausstellung „erfolgreich“ (BT Drs. 17/664).
Die Art und Weise der Dokumentenbeschaffung hat mit einem transparenten Verfahren nichts gemein. Die Betroffenen wissen in der Regel nicht, um wen es sich bei den Delegationsangehörigen handelt. Die Anhörungen finden nicht in Räumen der Botschaften statt, so dass der hoheitliche Rahmen für die Betroffenen unklar bleibt. Weiterhin standen die Delegationen in der Vergangenheit im Ruch der Korruption, zumindest aber der mangelnden Seriosität. Im Jahr 2008 verursachte der wenige Tage dauernde Besuch der Delegation aus Sierra Leone Kosten von insgesamt 49.264,48 Euro, die überwiegend durch EU-Gelder finanziert worden waren. Den fünf Delegationsangehörigen aus Sierra Leone wurden „Tagegelder“ in Höhe von insgesamt 7.200 Euro ausgezahlt. Die „Gebühr“ pro ausgestelltem Rückreisedokument belief sich auf 250 Euro. Das berichteten die Anwaltsnachrichten Ausländer- und Asylrecht (PDF).
Dass das „Dienstsiegel“ der Republik Sierra Leone von der Delegation nicht mitgebracht worden war, sondern durch einen Schlüsseldienst erst noch angefertigt werden musste, steigerte nicht eben das Vertrauen darauf, dass es sich hier um ein rechtsstaatlich einwandfreies Vorgehen handelte. Folgerichtig stellte das Verwaltungsgericht Bremen im Januar 2010 fest, dass es sich bei einer entsprechenden Vorspracheaufforderung durch die Behörden um eine rechtswidrige Anordnung gehandelt habe (Az. 4 V 1306/09).
Aus Sicht von PRO ASYL zeigt die Erfahrung, dass derartige Delegationsanhörungen mit rechtsstaatlichen Prinzipien nicht zu vereinbaren sind.
Der Berliner Flüchtlingsrat ruft zu einer Kundgebung gegen die Sammelanhörung von Flüchtlingen aus Sierra Leone auf: Montag, den 17.10.2011, 10:00 Uhr, vor dem Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten – Ausländerbehörde Berlin, Friedrich-Krause-Ufer 24, Berlin (zwischen S‑Bahn Wedding und Westhafen, U‑Bahn Amrumer Str), Treffpunkt zum gemeinsamen Hinlaufen: Ringbahnstation Westhafen, Nordseite, 9:45 Uhr.