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Staaten, die homosexuelle Handlungen unter Strafe stellen, können keine sicheren Herkunftsstaaten sein
Mehrere Mitglieder des Deutschen Bundestages sowie des Europäischen Parlaments aus verschiedenen Staaten haben sich am 20. Juli 2015 in einem Brief an den EU-Kommissar für Inneres und Migration Avramopoulos gewandt und angeregt, nicht nur gegen die Bundesrepublik Deutschland, sondern auch gegen Belgien, Frankreich, Luxemburg, Malta, die Slowakei und das Vereinigte Königreich Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten. Auch diese Mitgliedstaaten hätten unter Missachtung der EU-Verfahrensrichtlinie Staaten, in denen einvernehmliche gleichgeschlechtliche Handlungen unter Strafe gestellt seien, zu sicheren Herkunftsstaaten bestimmt. Staaten, die an der Strafbarkeit solcher Handlungen festhielten, könnten nicht als sicher gelten. Die EU sei zum Schutz vor Diskriminierung wegen der sexuellen Orientierung bzw. geschlechtlichen Identität verpflichtet, etwa im Rahmen von Artikel 21 der Charta der Grundrechte der EU. Neben weiteren Rechtsquellen für diese Verpflichtung werden Staaten gelistet, die von mindestens einem Mitgliedstaat zum sicheren Herkunftsstaat bestimmt worden sind, obwohl dort einvernehmliche gleichgeschlechtliche Handlungen strafrechtlich geahndet werden. Ganz nebenbei und abseits des Hauptthemas dieses Schreibens findet sich im Brief de facto eine Liste der angeblich sicheren Herkunftsstaaten, die in bestimmten EU-Staaten aktuell als solche gelten. Die Listen zeigen auch, dass die EU-Staaten beim Thema sichere Herkunftsstaaten völlig unterschiedliche Praktiken haben.