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Spanien: Abschiebungen im Niemandsland – EGMR-Verfahren zum spanischen Grenzzaun
An der spanisch-marokkanischen Grenze finden immer wieder Abschiebungen von Flüchtlingen statt – ohne rechtsstaatliches Verfahren, ohne Prüfung ihrer Asylgründe. „Heiße Abschiebungen“ nennen die spanischen Grenzpolizisten diese Praxis. Denn schaffen es Flüchtlinge dennoch die Zäune zu überqueren, dienen Tore in der Wallanlage dazu die Menschen sofort auf die marokkanische Seite zurückzudrängen. Die rechtliche Fiktion dahinter: Zwar betreten die Flüchtlinge spanisches Territorium, jedoch sei das spanische Flüchtlingsrecht erst anwendbar, wenn die hinter den Zäunen stehenden Polizeiketten überwunden werden. Dieses rechtliche Niemandsland wurde jüngst durch den spanischen Gesetzgeber mit der „Ley de protección de la seguridad ciudadana“ (Gesetz zum Schutz der bürgerlichen Sicherheit) verrechtlicht.
Diese menschenrechtlich höchst fragwürdige Praxis wurde schon sehr lange durch Menschenrechtsorganisationen kritisiert. Dank dem European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) wurde nun ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) eröffnet (N.D. und N.T. gg Spanien, Az.: 8675/15 und 8697/15). Der spanische Staat muss bis zum 21. Dezember 2015 Stellung nehmen, ob die Abschiebepraxis in Melilla mit der Europäischen Menschenrechtskonvention vereinbar ist. Geklagt haben zwei Flüchtlinge aus Mali und der Elfenbeinküste. Sie werfen dem spanischen Staat vor am 13. August 2014 von Melilla nach Marokko abgeschoben worden zu sein. Der EGMR hat die Beschwerde hinsichtlich einer möglichen Verletzung von Art. 13 EMRK und Art. 4 Zusatzprotokoll 4 (Verbot der Kollektivausweisung) zugelassen. Art. 13 EMRK garantiert Beschwerdeführern den effektiven Zugang zum Rechtsschutz. Eine Überprüfung der Fluchtgründe fand jedoch nicht statt, genauso wenig konnten Beschwerden gegen die Abschiebungen erhoben werden. Im vorliegenden Fall ist zudem eine Verletzung des Verbots der Kollektivausweisung sehr wahrscheinlich. Abschiebungen sind demnach unzulässig, sofern Betroffenen keine individuelle Berücksichtigung ihrer Fluchtgründe ermöglicht wird. Bei den Abschiebungen in Melilla werden Menschen gerade ungeachtet ihrer persönlichen Hintergründe in Massen abgeschoben.