01.09.2012

Newsletter Sep 2012

Im 1. Halb­jahr 2012 ist die Gesamt­schutz­quo­te für Asyl­su­chen­de deut­lich gestie­gen. Lag sie im Jahr 2011 noch bei 22,3%, so stieg sie auf nun­mehr 33,2%. Haupt­ver­ant­wort­lich für die gestie­ge­ne Schutz­quo­te ist die hohe Zahl an Syri­en-Fäl­len, die seit dem 2. Quar­tal des lau­fen­den Jah­res in grö­ße­rer Zahl ent­schie­den wur­den. Noch im 1. Quar­tal wur­den kaum Syri­en-Fäl­le ent­schie­den, in der Hoff­nung, die Situa­ti­on in Syri­en wür­de sich bald wie­der beru­hi­gen. Nun­mehr wird ent­schie­den und die Schutz­quo­te für syri­sche Asyl­su­chen­de liegt bei 94,5%, davon 27,5% Flücht­lings­an­er­ken­nun­gen. Im Juli 2012 war Syri­en erst­mals Haupt­her­kunfts­land von Asyl­su­chen­den in Deutschland.

Im Bereich der unbe­glei­te­ten min­der­jäh­ri­gen Flücht­lin­ge gibt es eben­falls auf­fal­len­de Ände­run­gen in der Aner­ken­nungs­pra­xis: die Schutz­quo­te unbe­glei­te­ter min­der­jäh­ri­ger Afgha­nen sank deut­lich von rund 49% im Jahr 2011 auf nur noch 29% im 1. Halb­jahr 2012. Die­ser Absturz der Schutz­quo­te hat jedoch nichts mit einer bes­se­ren Sicher­heits- und Ver­sorg­ung­la­ge in Afgha­ni­stan zu tun; dies ist allein Ergeb­nis der neu­en Bun­des­amts­pra­xis bei UMF, die vor allem jun­ge Afgha­nen tref­fen soll: mit Ver­weis auf § 58 Abs. 1a Auf­enthG wird ihnen seit gerau­mer Zeit der Schutz ver­wei­gert. Die­se Rege­lung schützt unbe­glei­te­te Min­der­jäh­ri­ge vor Abschie­bun­gen ins Her­kunfts­land, wenn dort kei­ne Ver­wand­ten sind. Das Bun­des­amt inter­pre­tiert sie um: Wer nicht abge­scho­ben wer­den kann, brau­che kei­nen wei­ter­ge­hen­den Flücht­lings­schutz. Im Ergeb­nis stellt die­se neue Pra­xis des Bun­des­amts Min­der­jäh­ri­ge in Deutsch­land völ­lig schutz­los, da sie dadurch kei­ne Auf­ent­halts­er­laub­nis, son­dern nur noch eine Dul­dung erhal­ten. Ein­mal mehr ist ein Zusam­men­hang zwi­schen stei­gen­den Asyl­zah­len und sin­ken­den Aner­ken­nungs­quo­ten zu beob­ach­ten. Stell­ten im Jahr 2010 noch 802 unbe­glei­te­te min­der­jäh­ri­ge Afgha­nen Asyl­an­trag, waren es 2011 schon 1.092, ein Anstieg um rund 36%. Auch im lau­fen­den Jahr bewe­gen sich die Asyl­an­trags­zah­len von afgha­ni­schen Min­der­jäh­ri­gen auf einem ähn­li­chen Niveau.

Auch bezüg­lich der Bilanz der Blei­be­rechts­re­ge­lun­gen der ver­gan­ge­nen Jah­re lie­gen neue Zah­len vor. Die sta­tis­ti­schen Anga­ben zu den erteil­ten Auf­ent­halts­er­laub­nis­sen sind dabei sehr undurch­sich­tig und lücken­haft. Die Zahl von wei­ter­hin mehr als 85.000 Gedul­de­ten belegt hin­ge­gen deut­lich die Not­wen­dig­keit einer neu­en, stich­tags­un­ge­bun­de­nen Blei­be­rechts­re­ge­lung, zumal knapp die Hälf­te der Betrof­fe­nen bereits län­ger als 6 Jah­re in Deutsch­land lebt. Dazu kom­men noch rund 30.500 Aus­rei­se­pflich­ti­ge ohne Dul­dung, davon eben­falls mehr als die Hälf­te mit mehr als 6‑jährigem Aufenthalt.

Über 12.500 der Gedul­de­ten und Aus­rei­se­pflich­ti­gen mit mehr als 6‑jähirgem Auf­ent­halt sind Kin­der und Jugend­li­che unter 21 Jah­ren, was nicht für einen gro­ßen Erfolg der Blei­be­rechts­re­ge­lung für gut inte­grier­te Kin­der und Jugend­li­che spricht: von die­ser haben gera­de ein­mal knapp 1.200 profitiert.

(Quel­len: BT Druck­sa­che 17/10451, BT Druck­sa­che 17/10454, Zah­len und Fak­ten von PRO ASYL)