Fachnewsletter
Linke fordern unabhängige Polizeibeschwerdestelle und Änderung des Aufenthaltsgesetzes
Die Bundestagsfraktion Die Linke hat einen Antrag zur Einrichtung einer unabhängigen Polizeibeschwerdestelle auf Bundesebene eingebracht (BT-Drucksache 18/4450). Der Antrag wurde im Bundestag zeitgleich mit der Beratung eines ebenfalls von der Fraktion Die Linke eingebrachten Entwurfes eines Gesetzes zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes – Aufenthaltsrecht für Opfer rechter Gewalt behandelt (BT-Drucksache 18/2492). Der 19. Juni 2015, Tag der Debatte, war einmal mehr kein Hochfest bundesrepublikanischer Bundestagsdebattenkultur. Dem Antrag liege, so Günter Baumann (CDU/CSU) ein „generelles Misstrauen gegen unsere Polizei, gegen unsere Institutionen zugrunde“. Man habe ansonsten ein ganzes Arsenal von Möglichkeiten, Beschwerden einzubringen und brauche keine unabhängige Polizeibeschwerdestelle auf Bundesebene oder in den Ländern. Da gebe es: Die unabhängige Justiz, die Staatsanwaltschaften und Gerichte. Es gebe staatsanwaltschaftliche, ggf. strafrechtliche Überprüfung polizeilichen Handelns. Die Gewaltenteilung gewährleiste einen unabhängigen Verfahrensablauf. Dann habe man noch die Möglichkeit der Dienstaufsichtsbeschwerde. Und sogar noch die Petitionsausschüsse. Die Forderung nach einem dauerhaften Aufenthaltsrecht für ausländische Personen, die während des Aufenthalts im Bundesgebiet Opfer einer rechtlichen Gewalttat geworden sind, hält Herr Baumann für „eine Privilegierung einer Opfergruppe“. Irene Mihalic, Bündnis 90/Die Grünen, stellte immerhin fest, es fehle bislang an gesetzgeberischer Initiative, um die institutionellen Voraussetzungen für das Entstehen einer „Fehlerkultur“ bei den Sicherheitsbehörden zu verhindern. Dies wäre nach ihrer Ansicht möglich durch die Einrichtung der Stelle eines unabhängigen Polizeibeauftragten. Der wäre dann auch nicht Ausdruck einer „Misstrauenskultur“, wie das auch nicht für den Wehrbeauftragten gelte. Den Polizeibeauftragten wiederum hält Wolfgang Gunkel (SPD) nicht für sinnvoll, wie die Praxis im Lande Rheinland-Pfalz belegt habe. Dennoch könne er eine gewisse Sympathie für eine solche Einrichtung analog zum Wehrbeauftragten nicht verhehlen. Mit Dr. Volker Ullrich (CDU/CSU) findet sich ein weiterer ausgesprochener Freund des wehrhaften Rechtsstaats und der Vertrauenskultur in die deutsche Polizei im Bundestag. Der findet schon die Erwähnung von Begriffen „institutioneller Rassismus“, „Korpsgeist“, „bestehende Polizeikultur“, „Schwierigkeiten, Fehlverhalten anzeigen zu können“ problematisch und von einem tiefen Misstrauen gegenüber dem Rechtstaat und der Polizeiarbeit geprägt. Dr. Lars Castellucci (SPD) macht sich lustig über die Idee, dass diejenigen, die Opfer rechter Gewalt werden, automatisch ein Aufenthaltsrecht in Deutschland bekommen sollten. Nette Idee, aber für ein Gesetz reiche das nicht. Man müsse erstmal mehr Engagement aufwenden, um das Dunkelfeld zu erhellen, müsse besser Bescheid wissen, bevor man Gesetzentwürfe vorlege. Auf eine Zwischenfrage von Petra Pau (DIE LINKE), die dabei darauf hinweist, dass der Antrag bezwecke, den Tätern nicht durch die Abschiebung des Opfers die Genugtuung zu verschaffen, dass sie ihr Ziel erreicht hätten, räumt Castellucci immerhin ein, dass man sich verstärkt um Einzelfälle kümmern müsse und rechtsstaatliche Mittel bräuchte, um im Einzelfall Gerechtigkeit walten zu lassen. Man brauche aber keine Verallgemeinerung in dem Sinne, dass jedes Opfer rechter Gewalt einen Aufenthaltsstatus bekomme. Der weitere Fortgang der Debatte zeigt, dass sich voraussichtlich die Regierung nicht motiviert zeigen wird, einen eigenen Vorschlag zum besseren Opferschutz vorzulegen. Dabei hatte Petra Pau eingeräumt: „Mag sein, dass das handwerklich besser zu lösen ist, als wir es vorgeschlagen haben; deswegen habe ich Sie zu dieser Debatte eingeladen.“