Bis Herbst 2015 exis­tier­te der Begriff der „Blei­be­per­spek­ti­ve“ im bun­des­deut­schen Wort­schatz zum The­ma Asyl nicht. Seit­dem hat die Wort­schöp­fung und die dahin­ter ste­hen­de Pro­pa­gan­da Furo­re gemacht. Vie­le Poli­ti­ker unter­schei­den, noch lan­ge bevor das Bun­des­amt sich mit dem Ein­zel­fall befasst hat, zwi­schen Flücht­lin­gen mit hohen oder gerin­gen Blei­be­per­spek­ti­ven. Ins Recht ein­ge­führt wur­de sie mit dem Asyl­pa­ket I am 24. Okto­ber 2015. Unter der Über­schrift „Blei­be­per­spek­ti­ve – Kri­tik einer begriff­li­chen Sei­fen­bla­se“ hat Clau­di­us Voigt von der Gemein­nüt­zi­gen Gesell­schaft zur Unter­stüt­zung Asyl­su­chen­der e.V. (GGUA) in Müns­ter die Kar­rie­re des gänz­lich untaug­li­chen Begrif­fes nach­ge­zeich­net. Er die­ne als Kern eines umfas­sen­den Umbaus des bun­des­deut­schen Migra­ti­ons- und Flücht­lings­ma­nage­ments und sei das Zen­tral­in­stru­ment der Ver­wei­ge­rung von Teil­ha­be­chan­cen für Asyl­su­chen­de. In der öffent­li­chen Debat­te wer­de ver­mit­telt, die Ein­tei­lung in Men­schen mit hoher oder gerin­ger Blei­be­per­spek­ti­ve sei der objek­tiv fest­zu­le­gen­de Aus­gangs­punkt für die sinn­vol­le Gewäh­rung früh­zei­ti­ger Teil­ha­be­mög­lich­kei­ten. Umge­kehrt wer­de ein Schuh dar­aus: Durch die Ver­wei­ge­rung von Teil­ha­be­chan­cen für bestimm­te Grup­pen soll eine gerin­ge Blei­be­per­spek­ti­ve geschaf­fen, das Errei­chen eines recht­mä­ßi­gen und dau­er­haf­ten Auf­ent­halts ver­hin­dert wer­den. Pflicht­lek­tü­re für alle Enga­gier­ten. Es ist fatal, wenn sich Haupt- oder Ehren­amt­li­che in der Flücht­lings­be­ra­tung und der Flücht­lings­un­ter­stüt­zung auf die­ses Kon­strukt fest­le­gen lassen.

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