Mit­te März war­fen meh­re­re Län­der­in­nen­mi­nis­ter dem Bund vor, das Bun­des­amt für Migra­ti­on und Flücht­lin­ge lie­ge mit sei­nen pro­gnos­ti­zier­ten Zah­len der Asyl­neu­an­trag­stel­ler viel zu nied­rig. Man erwar­te vom Bund Pro­gno­sen, an denen sich Län­der und Kom­mu­nen bei ihren Pla­nun­gen für Unter­künf­te tat­säch­lich ori­en­tie­ren könn­ten. Wäh­rend das Bun­des­amt bis­lang mit 300.000 neu­en Asyl­an­trag­stel­lern rech­net, war­fen ein­zel­ne Bun­des­län­der Zah­len zwi­schen 500.000 und 600.000 in die Debat­te. Die Sta­tis­ti­ken des Bun­des­am­tes für die ers­ten Mona­te die­ses Jah­res legen es nahe, von einer Antrag­stel­ler­zahl aus­zu­ge­hen, die nicht sehr dras­tisch über der Pro­gno­se des Bun­des­am­tes liegt. Eine gro­ße Unschär­fe ent­steht jedoch dar­aus, dass vie­le Neu­an­kömm­lin­ge über eine län­ge­re Zeit hin­weg ledig­lich not­un­ter­ge­bracht wer­den und beim Bun­des­amt noch nicht regis­triert sind. PRO ASYL hat­te die­se Zahl Anfang Febru­ar vor­sich­tig auf 20 bis 30.000 Per­so­nen geschätzt. Es könn­te jedoch sein, dass die Zahl wesent­lich grö­ßer ist. Die Bun­des­län­der dürf­ten auch ver­un­si­chert sein durch die opti­mis­ti­schen Zweck­mel­dun­gen des Bun­des, die Bear­bei­tungs­dau­er der Asyl­ver­fah­ren habe sich ver­kürzt. Immer wie­der taucht in der Debat­te der Hin­weis auf, Asyl­ver­fah­ren dau­er­ten im Durch­schnitt vier­ein­halb bis fünf Mona­te. Die Sta­tis­tik erfasst nicht die gro­ße Zahl der­je­ni­gen, über deren Asyl­an­trag im Erfas­sungs­zeit­raum über­haupt noch nicht ent­schie­den wur­de. Die Zahl uner­le­dig­ter Ver­fah­ren liegt inzwi­schen nahe bei 200.000 Fäl­len. Wäh­rend das Bun­des­amt sich auf die schnel­le Bear­bei­tung weni­ger Per­so­nen­grup­pen kon­zen­triert (Asyl­an­trag­stel­ler aus Staa­ten des west­li­chen Bal­kans wer­den fast aus­nahms­los abge­lehnt, syri­sche Staats­an­ge­hö­ri­ge und eini­ge ande­re Grup­pen aner­kannt), war­ten sons­ti­ge Asyl­su­chen­de heu­te leicht an die zwei Jah­re auf eine ers­te Ent­schei­dung. Die in der Koali­ti­ons­ver­ein­ba­rung ent­hal­te­ne und in Bund-Län­der-Kon­sul­ta­tio­nen bekräf­tig­te Absicht, Asyl­ver­fah­ren inner­halb von drei Mona­ten ent­schei­den zu wol­len, rückt immer mehr in wei­te Fer­ne. Trotz Per­so­nal­auf­sto­ckung ist auch das ange­streb­te Ziel, über die prio­ri­sier­ten Fäl­le inner­halb von 14 Tagen zu ent­schei­den, kaum erreichbar.

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/fluechtlinge-schleswig-holstein-fordert-vom-bund-ehrliche-zahlen-a-1024101.html

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