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Innenausschuss des Europaparlaments stimmt Frontex-Verordnung zu: EU will das Abdrängen von Flüchtlingen zur Norm erklären
Der Innenausschuss des Europäischen Parlaments stimmte am 20. Februar 2014 der Seeaußengrenzenverordnung zu, die regeln soll, wie Frontex mit Flüchtlingsbooten verfährt. Der Entwurf sieht umfangreiche Befugnisse für die EU-Grenzschutzagentur Frontex vor. Wird ein Flüchtlingsboot innerhalb der 12-Meilen-Zone aufgegriffen, darf es angehalten, an der Weiterfahrt gehindert und durchsucht werden. Ebenso darf es auch zwangsweise Richtung Drittstaat zurücktransportiert werden. Aber auch auf Hoher See – also außerhalb der 12-Meilen-Zone – sollen die Befugnisse von Frontex sehr weitgehend sein. Zwar konnte in den Verhandlungen durchgesetzt werden, dass die Befugnisse keine Zurückdrängung umfassen, wenn sich das Boot auf Hoher See befindet. Dann soll nur ein „Geleiten“ Richtung Drittstaat möglich sein. Es drängen sich jedoch Fragen auf: Wie kann kontrolliert werden, ob sich ein Flüchtlingsboot auf Hoher See „geleiten“ lässt oder ob es gegen den Willen der Betroffenen zwangsweise abgedrängt wird? Wie kann sichergestellt werden, dass sich auf dem Flüchtlingsboot keine Schutzsuchenden befinden, denen im Drittstaat, in den das Boot „geführt“ wird, schwere Menschenrechtsverletzungen drohen? Kann überhaupt sichergestellt werden, dass auf See eine faire und rechtsstaatlichen Prinzipien entsprechende Prüfung von Asylgesuchen stattfindet? Der Verordnungsentwurf unterminiert damit die Geltung des wichtigsten Grundsatzes der Genfer Flüchtlingskonvention, des sogenannten „Nicht-Zurückweisungs-Gebots“, da dieses angesichts der geplanten Befugnisse von Frontex nur schwer praktisch durchsetzbar sein wird. Genauso unrealistisch wird die Durchsetzung der im Verordnungstext genannten „Garantien“ sein: Rechtsbeistände, Übersetzer und medizinisches Personal sollen der Verordnung zufolge nur dann eine Frontex-Operation begleiten, wenn dies als „notwendig“ erachtet wird. Immerhin konnte in letzter Minute bei der Aushandlung der Verordnung noch erreicht werden, dass sie ausdrücklich regelt, wann ein Seenotrettungsfall vorliegt und wie darauf zu reagieren ist. Nun steht nur noch die formale Annahme im gesamten Parlament an – vermutlich im April.