Fachnewsletter
Humanitäre Krise in Griechenland
Das UN-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) spricht von einer humanitären Flüchtlingskrise in Griechenland. Mehr als 100.000 Flüchtlinge sind nach UN-Angaben seit Beginn des Jahres auf dem Seeweg in Griechenland angekommen. Etwa 60 Prozent sind Kriegsflüchtlinge aus Syrien. „Dass die Menschen in verlassenen Gebäuden oder auf Müllfeldern sich selbst überlassen bleiben, wo kaum Zugang zu Wasser oder gar Toiletten besteht, ist einfach inakzeptabel und bringt die Gesundheit dieser Menschen in Gefahr“, beschreibt Elisabetta Faga, Koordinatorin des Noteinsatzes von Ärzte ohne Grenzen (MSF) auf Lesbos, die sich zuspitzende humanitäre Krise auf den griechischen Inseln. Die Appelle der humanitären Hilfsorganisationen vor Ort werden von Tag zu Tag dringlicher. Auf der griechischen Insel Lesbos kommen zurzeit nahezu 1.000 Menschen täglich an. Die meisten sind syrische Schutzsuchende, viele sind aus Afghanistan geflohen. Im Juni 2015 erreichten mit insgesamt 15.000 Flüchtlingen mehr Menschen Lesbos als im gesamten Vorjahr (12.187). Ein Sprecher von MSF beschrieb die Situation auf der Insel als das Schlimmste, was er je in Europa gesehen habe. Das Erstaufnahmehaftlager ist überfüllt. Rund 1.000 Menschen zelten davor. Weitere 3.000 sind provisorisch im Zeltlager Kara Tepe untergebracht. Das Elend der Flüchtlinge setzt sich nach der Weiterflucht von den Inseln auf dem griechischen Festland fort. Den beschwerlichen Weg über Athen und Thessaloniki bis ins griechisch-mazedonische Grenzgebiet müssen die Schutzsuchenden teilweise zu Fuß bestreiten. Viele erreichen den Grenzort Idomeni völlig entkräftet. Die Menschenrechtsverletzungen an den Flüchtlingen reichen hin bis zu gewaltsamen Übergriffen durch Beamte an der mazedonischen Grenze.
Besonders besorgniserregend sind aktuelle Gerüchte über erneut stattfindende Push Backs – oft mit Brutalität ausgeführte völkerrechtswidrige Zurückweisungen von Flüchtlingen – an der griechisch-türkischen Grenze. Ein lokaler Nachrichtenblog aus Lesbos veröffentlichte am 22. Juli 2015 ein Dokument, das den internen Befehl der griechischen Küstenwache an alle nationalen Küstenwachen der Nordägäis enthält, bei Lokalisierung eines Flüchtlingsbootes sofort Maßnahmen der „Vorbeugung der Einreise“ auf griechisches Territorium einzuleiten. Die türkische Küstenwache sei zu alarmieren, damit diese sich um den Vorfall kümmere.