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Fragwürdige Sammelanhörungen vor sierra-leonischer Delegation
Eine bundesweite Sammelanhörung zur Identifizierung angeblicher sierra-leonischer Staatsangehöriger hat es im Zeitraum vom 17. bis 19. Oktober 2011 in Berlin gegeben. Beteiligt waren auch Ausländerbehörden in Brandenburg, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Dabei stinkt die Abschiebungskooperation mit Sierra Leone seit Jahren zum Himmel, wie auch einige Verwaltungsgerichte in Beschlüssen attestieren. So hat das VG Bremen mit Beschluss vom 8. Januar 2010 bereits einmal Rechtsschutz gegen eine Anordnung zur Vorsprache bei Vertretern Sierra Leones gewährt, weil grundsätzliche Zweifel an der Ordnungsgemäßheit der Ausstellung von Passersatzpapieren für Sierra Leone bestünden. Das VG Magdeburg hat in einem Beschluss vom 12. November 2010 ausgeführt, es sei bereits unklar, ob es sich bei den Vertretern des „Sierra Leone Migration Office“ um eine „ermächtigte Bedienstete“ im Sinne des Aufenthaltsgesetzes handele. Die Bundespolizei hatte sich diesbezüglich mit pauschalen Hinweisen begnügt, die Einladung der ominösen Delegation sei auf diplomatischem Wege organisiert worden. Wie man sich das Ganze in der Praxis vorzustellen hat, steht in den Anwaltsnachrichten Ausländer- und Asylrecht (ANA-ZAR 4/2011, S. 31) unter der Überschrift „Bakschisch-Zahlungen auf Kosten der EU und von Ausländern?“ Dieser Artikel arbeitet eine Vorführung vor einer fragwürdigen Delegation Sierra Leones im Jahr 2008 auf, wie sie sich in Schriftwechseln mit den veranlassenden Behörden und juristischen Nachspielen inzwischen darstellt. Für die fragwürdige Aktion wurden annähernd 50.000 Euro verbraten. Beschafft wurden u.a. Datumsstempel, Büromaterial und spezielles Papier für die Ausstellung von Heimreisedokumenten für die angeblichen sierra-leonischen Offiziellen. Auch ein „Dienstsiegel“ der Republik Sierra Leone wurde nicht mitgebracht, sondern von einem Hamburger Schlüsseldienst angefertigt. Ein Rahmenprogramm führte ins Fußballstadion. Am Ende gab es eine dubiose „Anhörungsgebühr“ obendrauf. Und das ganze versuchten die Behörden später den vorgeführten Sierra Leonern per Kostenbescheid in Rechnung zu stellen. Der Frage der ANA-ZAR-Redaktion, wieso es sich hier um eine Botschaftsvorführung handele, wenn von deutschen öffentlichen Stellen eingeladene und bezahlte, nicht näher bezeichnete Personen aus Afrika, für rund 50.000 Euro unter derart privilegierten Umständen durch Deutschland reisen, schließt PRO ASYL sich an. Die Süddeutsche Zeitung berichtete über die aktuellen Vorgänge am 4. November 2011 unter der Überschrift „Deutschland bezahlt ausländische Beamte für Hilfe bei Abschiebungen“.