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Flüchtlinge und Asylsuchende in Libyen: Inhaftierung, Folter, Gewalt und Misshandlung
Amnesty International (AI) zeichnet in dem Bericht „Libya is full of cruelty“ ein schockierendes Bild der Situation von Flüchtlingen und Schutzsuchenden in Libyen. Regelmäßig werden sie zu Opfern von Entführungen, Folter, Misshandlungen, Vergewaltigungen und anderen Menschenrechtsverletzungen, so der Bericht, der Mitte Mai 2015 veröffentlicht wurde. Die Organisation hatte 70 neue Zeugenaussagen von Flüchtlingen in Sizilien und Tunesien im Zeitraum von August 2014 bis März 2015 erhoben.
Amnesty International verurteilt die systematische Inhaftierung von Migrant_innen und Flüchtlingen, darunter auch derjenigen, die versucht haben, über das Mittelmeer nach Europa zu gelangen. Sowohl Frauen als auch Männer würden Opfer von Folter und Misshandlungen in den Haftzentren und seien gezwungen, für ungewisse Zeit unter katastrophalen Bedingungen zu leben aufgrund mangelhaften Zugangs zu Grundversorgung wie Wasser und Verpflegung.
In dem Bericht kommen besonders schutzbedürftige Menschen zu Wort, die von traumatisierenden Erlebnissen berichten. Darunter Frauen, die auf ihrem Fluchtweg durch Libyen und in den Haftzentren vergewaltigt, sexuell missbraucht und bedroht wurden. Religiöse Minderheiten, insbesondere christliche MigrantInnen und Flüchtlinge, würden in Libyen häufig Opfer von Misshandlungen bis hin zu Tötungsdelikten, Entführungen und Folter, so AI.
Den Zeugenaussagen zufolge wurden etliche subsaharische Schutzsuchende – unter anderem Frauen und unbegleitete Minderjährige – zur Lösegelderpressung entführt und inhaftiert, manchmal über mehrere Monate. Die erpressten Lösegelder lägen bei rund 200 bis 8.000 US-Dollar, so berichtet Amnesty International. Währenddessen seien sie geschlagen und gefoltert worden und hätten nur eingeschränkten oder gar keinen Zugang zu Verpflegung, Wasser und sanitären Einrichtungen gehabt.
Gleichzeitig können Flüchtlinge und MigrantInnen keinen internationalen Schutz in den Nachbarländern Libyens finden. Ägypten, Tunesien und Algerien haben ihre Grenzen vor allem für Nicht-LibyerInnen geschlossen und strikte Auflagen erlassen, um Visa und Einreiseerlaubnisse zu erhalten. Die einzige Möglichkeit, die den Schutzsuchenden bleibt, ist der gefährliche Weg über das Mittelmeer, auf dem allein in 2015 bereits über 1.800 Menschen ums Leben kamen.
Flüchtlinge und Migrantinnen erleiden in Libyen Menschenrechtsverletzungen in brutalstem Ausmaß: „Libya is full of cruelty“. In einem Land, das von Kampfhandlungen erschüttert wird und in dem UNHCR zufolge rund 400.000 Menschen intern vertrieben wurden, sind Flüchtlinge vollkommen schutzlos.