Fachnewsletter
Europas Schande: „Triton“ soll „Mare Nostrum“ ersetzen
Durch die italienische Operation Mare Nostrum konnten seit Oktober 2013 bereits über 130.000 Flüchtlinge im zentralen Mittelmeer gerettet werden. Trotzdem starben seit Jahresbeginn mehr als 3.000 Menschen bei dem Versuch Europa zu erreichen. Den dramatischen Todeszahlen zum Trotz wird die Rettungsoperation nicht ausgeweitet, sondern bis Ende Jahr eingestellt. Die europäischen Regierungen hatten sich strikt geweigert, Mittel zur Verfügung zu stellen, um Mare Nostrum in eine europäische Seenotrettung zu überführen und Italien finanziell zu entlasten.
Nun soll eine Operation der EU-Grenzschutzagentur Frontex mit Namen Triton als Ersatz eingesetzt werden. Die aktuell diskutierten Pläne lassen das Schlimmste befürchten: Statt mehr Seenotrettung droht ein starker Fokus auf Grenzkontrolle und Abwehr. Frontex-Interimsdirektor Gil Arias bestätigte bereits bei seiner Präsentation der neuen Operation vor dem Europaparlament am 4. September 2014: „Weder die Mission, noch die Ressourcen erlauben ein Ersetzen“. Dies bestätigt auch der folgende Vergleich der beiden Operationen, der unter anderem auf internen EU-Dokumenten beruht: Die Finanzierung der Operation Triton wird deutlich unter den für die italienische Operation verausgabten Mitteln liegen. Nach Angaben von Frontex sollen sich die Kosten auf rund 2,8 Millionen Euro monatlich belaufen. Mare Nostrum hatte ein monatliches Budget von ca. 9 Millionen Euro. Schiffe, Hubschrauber, Personal und Technik für Mare Nostrum wurden von der italienischen Marine und Küstenwache gestellt. Frontex hat jedoch kein eigenes Gerät und hat daher die EU-Mitgliedsstaaten gebeten dieses zur Verfügung zu stellen. Außerdem soll das Einsatzgebiet verkleinert werden: Während Mare Nostrum bis in die libyschen Gewässer Rettungsaktionen vornahm, soll Triton nur bis etwa 30 Seemeilen vor der italienischen Küste und vor Lampedusa patrouillieren. Mare Nostrum ist demgegenüber in der Vergangenheit bis nahe an die libysche Küste herangefahren, die knapp 160 Seemeilen von Lampedusa entfernt ist. Das Rettungsgebiet wird also drastisch verkleinert: Noch mehr Tote sind die absehbare Folge. Zentral ist jedoch vor allem: Mare Nostrum ist vorrangig eine Seenotrettungsoperation. Die Rettung von Flüchtlingen ist bei Triton nur noch ein Nebeneffekt. Die Bundesregierung drückt dies so aus: Triton sei eine Operation zum Schutz und zur Überwachung der Außengrenzen die auch „Kapazitäten zur Seenotrettung“ hat. Deutlicher ist dort Frontex selbst: Laut Interimsdirektor Gil Arias bestehe ein „fundamentaler Unterschied“ zwischen Triton und Mare Nostrum. Während letztere eine „Such- und Rettungsoperation“ sei, fokussiere Triton auf „Grenzkontrollen“.