Der Euro­päi­sche Gerichts­hof hat am 15.09.2015 ein Grund­satz­ur­teil gefällt. In der Rechts­sa­che Ali­ma­no­vic, die durch das deut­sche Bun­des­so­zi­al­ge­richt vor­ge­legt wur­de, ging es um die Fra­ge, ob der Aus­schluss von arbeits­lo­sen Uni­ons­bür­gern aus den Grund­leis­tungs­sys­te­men mög­lich ist, wenn die­se schon eine gewis­se Zeit gear­bei­tet haben. In Deutsch­land bezieht sich die Fra­ge kon­kret auf einen Anspruch von Uni­ons­bür­gern auf Hartz-IV-Leis­tun­gen. Die Klä­ge­rin hat­te kur­ze Zeit in Deutsch­land gear­bei­tet und dann sechs Mona­te Hartz IV bezo­gen. Für dau­er­haf­te Leis­tungs­be­zü­ge hät­te sie jedoch ein Jahr lang arbei­ten müssen.

Der EuGH hat nun ent­schie­den, dass die­ser Aus­schluss nicht gegen das uni­ons­recht­li­che Gleich­be­hand­lungs­ge­bot ver­stößt und auch kei­ne Ein­zel­fall­prü­fung vor­ge­nom­men wer­den muss. Damit stellt sich der EuGH nicht nur gegen die Anträ­ge des Gene­ral­an­walts, son­dern gegen sei­ne Recht­spre­chungs­li­nie. Der EuGH hat seit den 1990er Jah­ren in ver­schie­de­nen Urtei­len anknüp­fend an die Uni­ons­bür­ger­schaft die Gewäh­rung sozia­ler Rech­te inner­halb der EU aner­kannt. Die Recht­spre­chung galt als einer der weni­gen Bau­stei­ne des euro­päi­schen Sozi­al­mo­dells. Inmit­ten der euro­päi­schen Kri­se setzt der EuGH nicht mehr auf pro­gres­si­ve Rechts­ent­wick­lung, son­dern auf Entsolidarisierung.

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