Die Bun­des­re­gie­rung hat am 26. Novem­ber 2015 eine Klei­ne Anfra­ge der Frak­ti­on Die Lin­ke „Ergän­zen­de Infor­ma­tio­nen zur Asyl­sta­tis­tik für das drit­te Quar­tal 2015“ (BT-Druck­sa­che 18/6353, 18/6860) beant­wor­tet. Dar­aus erge­ben sich eine Viel­zahl inter­es­san­ter Aspek­te: Die berei­nig­te Schutz­quo­te ist wei­ter gestie­gen, näm­lich auf 52,6 Pro­zent. Selbst bei Afgha­ni­stan beträgt sie mehr als 86 Pro­zent, was Behaup­tun­gen des Bun­des­in­nen­mi­nis­ters nicht gera­de unter­stützt, der zu mehr Abschie­bun­gen nach Afgha­ni­stan kom­men will und dabei auch auf die Aner­ken­nungs­chan­cen von Afgha­nen hin­ge­wie­sen hat. Trotz extrem hoher Schutz­quo­ten wer­den etwa Afgha­nen und Soma­li­er nicht zur Teil­nah­me an Inte­gra­ti­ons­kur­sen zuge­las­sen, weil sie nicht zu den Grup­pen gehö­ren, bei denen eine gute Blei­be­rechts­pro­gno­se besteht – absurd!

Die berei­nig­te Schutz­quo­te (= der Anteil aller posi­ti­ven Ent­schei­dun­gen an den gesam­ten Ent­schei­dun­gen – ohne Berück­sich­ti­gung der soge­nann­ten for­mel­len Ent­schei­dun­gen, in denen eine inhalt­li­che Ent­schei­dung nicht getrof­fen wur­de) beträgt bei Asyl­su­chen­den, die nicht aus Län­dern des west­li­chen Bal­kans kom­men, 94,2 Prozent.

Die Ant­wor­ten der Bun­des­re­gie­rung zur durch­schnitt­li­chen Bear­bei­tungs­dau­er von Asyl­an­trä­gen sind unbrauch­bar, weil nicht ange­ge­ben wird, wie lan­ge es von der ers­ten Regis­trie­rung in Deutsch­land bis zur förm­li­chen Stel­lung des Asyl­an­tra­ges dau­ert. Die­se oft­mals mona­te­lan­ge Dau­er geht nicht in die sta­tis­ti­sche Ver­fah­rens­dau­er ein. Deut­lich wird aus der Ant­wort der Bun­des­re­gie­rung aber, dass die Ver­fah­rens­dau­ern für nicht vor­ran­gig behan­del­te Staa­ten (Syri­en, west­li­cher Bal­kan usw.) sehr lang sind und über­wie­gend über einem Jahr lie­gen. Die durch­schnitt­li­che Dau­er von Ver­fah­ren ohne Fol­ge­ver­fah­ren, ohne Dub­lin-Ver­fah­ren und ohne prio­ri­sier­te Län­der beträgt 15 Monate.

Etwa drei­vier­tel aller Neu­zu­gän­ge betref­fen bis­her vor­ran­gig behan­del­te („prio­ri­sier­te“) Län­der. Der Groß­teil aller Ver­fah­ren sind also sol­che Son­der­ver­fah­ren. Was frü­her als das Regel­ver­fah­ren galt, Ver­fah­ren mit Anhö­rung und indi­vi­du­el­ler Prü­fung, ist inzwi­schen das Aus­nah­me­ver­fah­ren. Wenn dies jetzt wie­der geän­dert wer­den soll, wird dies logi­scher­wei­se zu einer dras­ti­schen Ver­län­ge­rung der Ver­fah­rens­dau­ern füh­ren. Jetzt schon ist die Zahl der seit über einem Jahr anhän­gi­gen Asyl­ver­fah­ren auf 75.000 gestiegen.

Der Anteil von Ableh­nun­gen an allen ableh­nen­den Ent­schei­dun­gen als „offen­sicht­lich unbe­grün­det“ betrug 94,5 Pro­zent, was sich aus dem hohen Anteil der West­bal­kan­staa­ten an der Gesamt­zahl der Ent­schei­dun­gen erklärt. Man fragt sich aber, ob das Bun­des­amt die Rück­kehr zu sorg­fäl­ti­gen ein­zel­fall­prü­fungs­be­zo­ge­nen Asyl­ver­fah­ren noch schaf­fen wird, nach­dem text­bau­stein­ba­sier­te o.u.-Ablehnungen jetzt seit lan­gem die Regel sind. Es ist ja so bequem und ver­gleichs­wei­se schnell…

Unter Her­aus­rech­nung der „sons­ti­gen Ver­fah­rens­er­le­di­gun­gen“ ergibt sich für Asyl­an­trag­stel­ler aus einer gan­zen Rei­he von Her­kunfts­staa­ten, die vor den Ver­wal­tungs­ge­rich­ten gegen die Ent­schei­dung des Bun­des­am­tes kla­gen, eine hohe Erfolgs­quo­te. Bei afgha­ni­schen Klä­gern liegt die Erfolgs­quo­te bei gericht­li­chen Ent­schei­dun­gen bei über 70 Prozent.

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