01.04.2013

Newsletter Apr 2013

Eine Bun­des­tags­de­bat­te über den Antrag der SPD „Syri­sche Flücht­lin­ge schüt­zen“ (BT-Druck­sa­che 17/12820) am 21. März 2013 geriet dem­nach über­wie­gend zur Nach­dis­kus­si­on, bei der die Regie­rung zumin­dest zum Teil davon aus­ge­hen konn­te, dass die Inhal­te des SPD-Antrags über­holt sei­en. Der vor­an­ge­gan­ge­nen Kri­tik am Bun­des­in­nen­mi­nis­ter setz­te etwa der Abge­ord­ne­te Rein­hard Grin­del (CDU/CSU) eine aus­führ­li­che Beweih­räu­che­rung für sei­ne groß­her­zi­ge huma­ni­tä­re Ges­te ent­ge­gen. Dass man so spät auf den Auf­nah­me­be­schluss gekom­men sei, erklä­re sich aus dem Ver­hal­ten des UN-Flücht­lings­kom­mis­sars und der tat­säch­li­chen Lage vor Ort. Man habe nicht des­halb bis­her kei­ne Auf­nah­me von Syrern beschlos­sen, weil man huma­ni­tär hart­her­zig gewe­sen wäre, son­dern weil man sich an UNHCR-Erklä­run­gen ori­en­tiert habe. Grin­del zieht auch sehr viel deut­li­cher, als dies von Sei­ten der Bun­des­re­gie­rung zuvor in der Öffent­lich­keit getan wur­de, die Chris­ten­kar­te. Er zählt Chris­ten zu den beson­ders Schutz­be­dürf­ti­gen, was mög­li­cher­wei­se mit dem Blick auf die lang­fris­ti­ge Per­spek­ti­ve einer Rück­kehr nach Syri­en denk­bar sein dürf­te, den aktu­el­len Rea­li­tä­ten Syri­ens, aus dem täg­lich etwa 8.000 Men­schen über die Gren­zen flie­hen, die ein Bün­del guter Grün­de haben, kaum ent­spricht. Abge­ord­ne­ter Grin­del for­mu­liert: „Eine sol­che Ent­wick­lung kann man lei­der auch lang­fris­tig in Syri­en nicht aus­schlie­ßen, son­dern sie ist sogar lei­der eher wahr­schein­lich.“ Bei einem Adhoc-Auf­nah­me­pro­gramm aller­dings soll­te es um die kurz­fris­ti­ge Auf­nah­me beson­ders Schutz­be­dürf­ti­ger gehen – unab­hän­gig von der Reli­gi­ons­ge­mein­schaft, Welt­an­schau­ung usw. Was Grin­del wirk­lich will, offen­bart er weni­ge Sät­ze spä­ter. Die­ses Vor­ge­hen sei inte­gra­ti­ons­po­li­tisch sinn­voll, weil man davon aus­ge­hen kön­ne, dass sich die­se Fami­li­en christ­li­chen Glau­bens sehr schnell in unse­re Gesell­schaft ein­glie­dern und zu Recht fin­den wür­den. Die Bot­schaft: das christ­li­che Abend­land inte­griert gern Chris­ten, was es mit den Mus­li­men am Hut hat, bleibt unaus­ge­spro­chen. Ärger­lich dar­über hin­aus auch der Ver­weis auf die angeb­li­che Groß­zü­gig­keit Deutsch­lands im Umgang mit Asyl­an­trag­stel­lern aus Syri­en. Deutsch­land habe in der Ver­gan­gen­heit „einer Viel­zahl von Syrern Schutz gebo­ten“, so Grin­del. Rich­tig zu stel­len wäre: wem es gelun­gen ist, sich aus Syri­en auf aben­teu­er­li­chen Wegen in die Bun­des­re­pu­blik durch­zu­schla­gen, der wird inzwi­schen nicht abge­scho­ben oder er erhält sub­si­diä­ren Schutz – nach Jah­ren der Taten­lo­sig­keit zuvor, in denen man auch poten­ti­ell ver­folg­te Syre­rin­nen und Syrer dem Regime ans Mes­ser gelie­fert hat­te. Man habe dar­über hin­aus wei­te­re Maß­nah­men ergrif­fen, um die Ein­rei­se syri­scher Staats­an­ge­hö­ri­ger zu erleich­tern, so Grin­del wei­ter. Syri­sche Staats­an­ge­hö­ri­ge bräuch­ten beim Ehe­gat­ten­nach­zug vor­ab kei­nen Nach­weis deut­scher Sprach­kennt­nis­se. Ange­sichts sol­cher Groß­her­zig­kei­ten fehlt es allen Aus­sa­gen der Bun­des­re­gie­rung und dem im Bun­des­tag debat­tier­ten Antrag der SPD an einer Ant­wort auf die Fra­ge, wie Flücht­lin­gen mit Fami­li­en­an­ge­hö­ri­gen in Deutsch­land die Ein­rei­se erleich­tert wer­den könn­te. Hart­frid Wolff von der FDP fiel in der Debat­te ein ganz neu­es Argu­ment ein, wie­so das deutsch-syri­sche Rück­über­nah­me­ab­kom­men, abge­schlos­sen mit einem noto­ri­schen Fol­ter­re­gime, immer noch nicht gekün­digt ist. „Die Kün­di­gung des Abkom­mens könn­te auch so ver­stan­den wer­den, dass wir nicht mehr an einen bal­di­gen Frie­den in Syri­en glau­ben. Wir soll­ten, mei­ne ich, alles ver­mei­den, was als Zei­chen der Hoff­nungs­lo­sig­keit gedeu­tet wer­den könn­te.“ Da hat die FDP gera­de beim The­ma Auf­nah­me syri­scher Bür­ger­kriegs­flücht­lin­ge eine posi­ti­ve Rol­le gespielt, und dann die­ses Wol­ken­ku­ckucks­heim des Abge­ord­ne­ten aus dem Rems-Murr-Kreis. Recht aller­dings hat er mit einer his­to­ri­schen Fra­ge: „Hat die SPD noch in Erin­ne­rung, wer für den Abschluss ver­ant­wort­lich war? Das war die SPD.“ Wolffs Begrün­dung kon­kur­riert mit der des Abge­ord­ne­ten Micha­el Frie­ser (in der Bun­des­tags­de­bat­te vom 26. Janu­ar 2012, der das Abkom­men mit fol­gen­den Wor­ten ver­tei­dig­te: „Im Grun­de ver­pflich­ten wir das Assad-Regime nach wie vor, an einem völ­ker­recht­li­chen Ver­trag fest­zu­hal­ten. Denn wenn wir Staa­ten, die sich in die­ser Art und Wei­se ver­hal­ten, auch noch aus ihren völ­ker­recht­li­chen Ver­pflich­tun­gen ent­las­sen, dann ent­bin­den wir sie ja jeg­li­cher Ver­pflich­tung.“ Zu die­sem Zeit­punkt fühl­te sich das Assad-Regime schon seit lan­gem an kei­ne völ­ker­recht­li­chen Ver­pflich­tun­gen gebun­den. Von 73 zwi­schen Janu­ar 2009 und Juni 2010 aus Deutsch­land abge­scho­be­nen Flücht­lin­gen wur­den 14 nach Anga­ben der Bun­des­re­gie­rung selbst von den syri­schen Behör­den inhaftiert.