Fachnewsletter
Bundesregierung zum Schutz für afghanische Ortskräfte
Die Bundesregierung hat am 27.6.2016 eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen „Schnellerer Schutz für afghanische Ortskräfte“ beantwortet (BT-Drucksache 18/8776, 18/8976). Die Antworten enthalten aktuelle Angaben zur Zahl der aktuell noch für die in Afghanistan tätigen deutschen Ressorts arbeitenden Ortskräfte. Dies sind zum Zeitpunkt der Anfragebeantwortung 56 Ortskräfte beim Auswärtigen Amt, 7 beim Bundesinnenministerium und 471 im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung. Die sogenannten Durchführungsorganisationen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) und die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) sowie die politischen Stiftungen haben weitere 1.560 lokale Mitarbeiter.
Überraschend hoch ist die Zahl der afghanischen Staatsbürger, die in Werkvertragsarbeitsverhältnissen standen oder Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Consulting-Unternehmen im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit waren: 1.400. Inzwischen haben 1.924 Ortskräfte sich an Vorgesetzte mit einer Gefährdungsanzeige gewendet, davon 53 Ortskräfte des Auswärtigen Amtes, 217 Ortskräfte des BMI, 1.542 Ortskräfte des Bundesverteidigungsministeriums und 112 Ortskräfte im Bereich des BMZ.
Mit Stand vom 4.5.2016 haben insgesamt 795 Ortskräfte eine Aufnahmezusage erhalten, hiervon wiederum 12 im Bereich des AA, 120 im Bereich des BMI, 635 im Bereich des BMVG und 28 im Bereich des BMZ. Keine Aufnahmezusage wurde – angeblich mangels Gefährdung – in 1.054 Fällen erteilt. Betroffen waren 870 Ortskräfte im Bereich des BMVG, 54 Ortskräfte des BMZ, 94 Ortskräfte des BMI und 36 Ortskräfte des AA. Außerhalb dieses Sonderverfahrens zur Prüfung der humanitären Aufnahme im Rahmen von § 22 Abs. 2 AufenthG sind 159 Personen auf eigene Faust aus Afghanistan nach Deutschland eingereist, die bei der Asylantragstellung angegeben haben, als Ortskräfte für Deutschland gearbeitet zu haben.
Befragt nach der Möglichkeit für Antragsteller*innen, deren Aufnahmegesuch abgelehnt wurde, Widerspruch gegen die Entscheidung einzulegen, beharrt die Bundesregierung auf ihrer Auffassung, bei der Nichterteilung einer Aufnahmezusage nach § 22 Abs. 2 AufenthG handele es sich nicht um einen eigenständigen anfechtbaren Verwaltungsakt, sondern nach gültiger Rechtsprechung lediglich um eine verwaltungsinterne Mitwirkung im Rahmen des Visumverfahrens. Außerdem könnten Ortskräfte sich jederzeit an die Auslandsvertretungen wenden, um eine andere Entscheidung zu erwirken. Und dann sei ja der Rechtsweg offen. Soweit wird man aber vermutlich nicht zeitnah kommen, wenn man sich gefährdet sieht. Ganz bitter wird es für afghanische Staatsangehörige, die durch Subunternehmer beschäftigt werden. Es gelte das weltweit übliche Verfahren nach § 22 Abs. 2 AufenthG – ohne ein spezielles Verfahren etwas salopp gesagt: Aufnahme nach Gusto – also ohne Chance.
Interessant auch weiterhin der Schulterschluss der Bundesregierung mit der GIZ im Zusammenhang mit der Besetzung von Kunduz im letzten Jahr. Es habe eine systematische Nutzung personenbezogener Daten der Ortskräfte der GIZ durch die Taliban im Zusammenhang mit der Einnahme der Stadt nicht bestätigt werden können. Unergiebig die Aussagen der Bundesregierung zur aktuellen Bedrohungslage der Ortskräfte der GIZ, zu Sicherheitshinweisen und Notfallplänen für den Fall von Übergriffen im Bereich der GIZ und zu deren Risikomanagement.