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Ägyptische Regierung diskutiert neues Gesetz zum Kampf gegen „illegale Migration“
Die Egyptian Union for Human Rights (EUHR) hat Ende April 2015 einen Gesetzesentwurf zur Bekämpfung „illegaler Migration“ eingereicht, so die Onlinezeitung Al Monitor am 14. Mai 2015. Der Inhalt des Gesetzesvorschlags lässt kaum vermuten, dass er aus der Feder einer Menschenrechtsorganisation kommt. Der aus 17 Artikeln bestehende Entwurf definiere illegale Migration als „jede Aktivität einer Einzelperson oder Gruppe, die zur Anstiftung oder dem Versuch führt, das Land regional, international oder innerhalb des Kontinents ohne Erlaubnis oder Lizenz der jeweiligen Behörden zu verlassen“. Der von EUHR eingereichte Gesetzesentwurf sehe Strafen vor für die Durchführung, Teilnahme an oder der Anstiftung zur „illegalen Migration“, die bis zu 15 Jahren Haft, in manchen Fällen gar bis zur Todesstrafe reichten, so die Zeitung Dailynews Egypt am 27. April 2015. Die Todesstrafe sei für Personen vorgesehen, die „daran beteiligt sind, den Versuch unternehmen oder dazu aufrufen, illegal auszureisen und damit den Tod von MigrantInnen verursachen“, so der Artikel. Das Gesetz werde helfen, die Anzahl Personen, die versuchen illegal zu migrieren, zu reduzieren, äußerte sich EUHR. Auch der Druck auf Schleuser solle damit verstärkt werden.
Noch sei unklar, warum die EUHR den Entwurf gleichzeitig mit einer geplanten Initiative des Außenministeriums eingereicht habe – dem Nationalen Koordinierungskomitee zur Verhinderung und Bekämpfung illegaler Migration (NCCPIM). Das Komitee arbeite ebenso an einem Gesetzesentwurf, der gute Chancen habe, umgesetzt zu werden, so Al Monitor. Das NCCPIM, das im März 2014 von Premierminister Ibrahim Mehleb eingerichtet wurde, hatte in den letzten Monaten einen Konsultationsprozess initiiert mit Rechtsexperten und internationalen Organisationen – darunter die Internationale Organisation für Migration (IOM) –, um einen Gesetzentwurf zu erarbeiten. Zwar heißt es in den Ankündigungen, es solle um Beratungen zu Migrationspolitik im Allgemeinen gehen. Konkret wird jedoch nur die Erarbeitung eines Gesetzentwurfs zur Bekämpfung „illegaler Migration“ aufgeführt. Der Entwurf befinde sich in der letzten Überarbeitungsphase, so Al Monitor.
Beide Initiativen zur Erarbeitung eines Gesetzes gegen „illegale Migration“ lassen keinen Zweifel an den Prioritäten: Mit dem Kampf gegen Schleuser und nicht autorisierte Auswanderung, soll Flucht und Migration nicht zuletzt in Richtung Europa bekämpft werden. Die Kriminalisierung von Schleusern bedeute in dieser Form eine Neuheit in der ägyptischen Gesetzgebung, so Al Monitor. Zuvor hatte es in Ägypten nur eine gesetzliche Grundlage gegeben, gegen Menschenhändler vorzugehen (Gesetz 64 von 2010). Auch dutzende Schleuser seien auf dieser Grundlage zwar im vergangenen Jahr in Alexandria inhaftiert worden, als die Aufbrüche an den ägyptischen Küsten zwischen April und September 2014 einen Höhepunkt erreicht hatten. Sie wurden jedoch ohne Anklage wieder entlassen. Muhammad Kashef, Migrationsforscher der Egyptian Initiative for Personal Rights (EIPR) wird in Al Monitor zu seiner Einschätzung befragt. Obwohl es eine international anerkannte Unterscheidung zwischen Menschenhandel und Schleusertätigkeiten gäbe, hätte die gesetzliche Grundlage von 2010 ausgereicht, um gegen einige gewalttätige und skrupellose Schleuser vorzugehen. Doch das habe man aus unbekannten Gründen unterlassen, vermutet Kashef.
Die in vergangenen Jahren vorherrschende Politik scheint sich nun zu ändern. Ganz im Interesse der EU: Der initiierte Dialog zwischen dem EU-Kommissar für Inneres und Migration, Dimitris Avramopoulos, und dem ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi soll sich zunächst auf die Themen „Menschenhandel und Schleusung von MigrantInnen konzentrieren“, so hatte Avramopoulos bei seinem Besuch in Ägypten Anfang Mai verlauten lassen. Mit dem neuen Gesetzgebungsprozess kommt die ägyptische Regierung den Wünschen der Europäischen Union nach, die Türsteherfunktion des Transitlandes weiter zu verbessern.