03.09.2025

Update: Der Kabi­netts­ent­wurf zum GEAS-Anpas­sungs­ge­setz wur­de mitt­ler­wei­le hier veröffentlicht. 

Mit dem GEAS-Anpas­sungs­ge­setz, das heu­te im Kabi­nett beschlos­sen wer­den soll, möch­te die Bun­des­re­gie­rung eine neue Form von zum Teil geschlos­se­nen Zen­tren ein­füh­ren: Soge­nann­te Dub­lin-Fäl­le und in ande­ren Mit­glied­staa­ten Aner­kann­te sol­len dort unter­ge­bracht wer­den und in vie­len Fäl­len die Ein­rich­tun­gen nicht ver­las­sen dür­fen. Auch Fami­li­en mit Kin­dern sol­len in die­sen Zen­tren leben. PRO ASYL warnt davor, dass so rei­hen­wei­se Geflüch­te­te in Deutsch­land de fac­to inhaf­tiert wer­den würden.

„PRO ASYL hat die Reform des Euro­päi­schen Asyl­sys­tems stets als Gefahr für den Flücht­lings­schutz kri­ti­siert, vor allem wegen der geplan­ten Haft­zen­tren an den Außen­gren­zen – und jetzt droht dies mit der geplan­ten har­ten Umset­zung auch in Deutsch­land“, befürch­tet Wieb­ke Judith, rechts­po­li­ti­sche Spre­che­rin von PRO ASYL.

Als eine neue und eigent­lich von der GEAS-Reform unab­hän­gi­ge Maß­nah­me sol­len laut dem Ent­wurf „Auf­nah­me­ein­rich­tun­gen zur Durch­füh­rung von Ver­fah­ren der Sekun­där­mi­gra­ti­on“ ein­ge­führt wer­den – prak­tisch geht es hier um zumin­dest zum Teil geschlos­se­ne Zen­tren, in denen sich eine Viel­zahl der in Deutsch­land ankom­men­den Schutz­su­chen­den auf­hal­ten müss­ten. Das pro­ble­ma­ti­sche Kon­zept der Dub­lin-Zen­tren soll damit aus­ge­wei­tet werden.

„Geflüch­te­te in Son­der-Ein­rich­tun­gen zu iso­lie­ren und aus­zu­gren­zen ist unver­ant­wort­lich und ver­ur­sacht bei den Betrof­fe­nen Ver­zweif­lung, Stress und Depres­sio­nen. Das zeigt sich schon jetzt im Dub­lin-Zen­trum Eisen­hüt­ten­stadt, wo Betrof­fe­ne sich in ihrer Ver­zweif­lung mit einem offe­nen Brief an die Öffent­lich­keit gewandt haben. Die Bun­des­re­gie­rung muss von die­sen Plä­nen Abstand neh­men. Ins­be­son­de­re darf es nicht zu einer mas­sen­haf­ten De-Fac­to-Inhaf­tie­rung von Geflüch­te­ten kom­men“, for­dert Judith.

Schon jetzt dür­fen die im Dub­lin-Zen­trum Eisen­hüt­ten­stadt unter­ge­brach­ten Men­schen die Ein­rich­tung nachts nicht ver­las­sen (soge­nann­te Nacht­zeit­ver­fü­gung). Eini­ge der dort leben­den Men­schen wand­ten sich im Juni 2025 mit einem offe­nen Brief hil­fe­su­chend an die Öffent­lich­keit und beschrie­ben, wie die­se und wei­te­re Ein­schrän­kun­gen sie mas­siv belas­ten. Ähn­li­che Ein­schrän­kun­gen sol­len auch in den neu­en Zen­tren gel­ten, in bestimm­ten Fäl­len soll sogar jeg­li­ches Ver­las­sen der Unter­kunft ver­bo­ten wer­den – womit die Betrof­fe­nen de fac­to inhaf­tiert werden.

Mehr Inhaf­tie­rung – auch von Kindern

Die Reform des Gemein­sa­men Euro­päi­schen Asyl­sys­tems (GEAS) muss bis Mit­te Juni 2026 in Deutsch­land umge­setzt und das natio­na­le Recht ent­spre­chend ange­passt wer­den. PRO ASYL kri­ti­siert, dass die Bun­des­re­gie­rung offen­sicht­lich statt einer mög­lichst men­schen­rechts­freund­li­chen eine har­te Umset­zung der Reform anstrebt. Der Gesetz­ent­wurf, der heu­te im Kabi­nett zur Bera­tung liegt, setzt auf eine star­ke Aus­wei­tung von Maß­nah­men zur Frei­heits­be­schrän­kung und Freiheitsentziehung.

So sol­len mit dem GEAS-Umset­zungs­ge­setz eine neue Asyl­ver­fah­rens­haft ein­ge­führt wer­den und eine „Schutz­haft“ für unbe­glei­te­te Kin­der ermög­licht wer­den. Zwar soll der Grund­satz gel­ten, dass Kin­der nicht in Haft genom­men wer­den sol­len. Doch beglei­te­te Min­der­jäh­ri­ge kön­nen in Haft genom­men wer­den, wenn sich der Eltern­teil oder die pri­mä­re Betreu­ungs­per­son in Haft befin­den. Unbe­glei­te­te Min­der­jäh­ri­ge dür­fen zu ihrem „eige­nen Schutz“ inhaf­tiert wer­den. In bei­den Fäl­len soll die Inhaft­nah­me ihrem Wohl die­nen und nur als letz­tes Mit­tel ange­wen­det werden.

„Kin­der schützt man nicht, indem man sie ein­sperrt. Es ist gru­se­lig, dass eine sol­che Norm ins deut­sche Gesetz geschrie­ben wer­den soll. Weder ist dies durch die GEAS-Reform gebo­ten noch in der Pra­xis nötig. Auch nach der UN-Kin­der­rechts­kon­ven­ti­on ist ganz klar: Geflüch­te­te Kin­der soll­ten nie inhaf­tiert wer­den“, kom­men­tiert Judith.

Aus­wei­tung deut­scher Flughafenasylverfahren

Neben den neu­en zum Teil geschlos­se­nen Zen­tren möch­te die Bun­des­re­gie­rung direkt mit Ver­ab­schie­dung des Geset­zes eine wei­te­re Maß­nah­me in Kraft set­zen: eine Aus­wei­tung der deut­schen Flug­ha­fen­asyl­ver­fah­ren, um die neu­en Grenz­ver­fah­ren zu erpro­ben. Die­se Ver­fah­ren unter beson­ders restrik­ti­ven Bedin­gun­gen sol­len dann auch Flücht­lin­ge durch­lau­fen, die in ande­ren Mit­glied­staa­ten aner­kannt wurden.

„Aner­kann­te Flücht­lin­ge dür­fen legal inner­halb der EU rei­sen und kom­men, wenn sie flie­gen, in der Regel aus einem ande­ren Mit­glied­staat an deut­schen Flug­hä­fen an – also gera­de nicht über eine EU-Außen­gren­ze. Damit kön­nen sie auch nicht in ein Außen­grenz­ver­fah­ren genom­men wer­den. Wenn in ande­ren Mit­glied­staa­ten aner­kann­te Flücht­lin­ge nach Deutsch­land kom­men, um hier erneut Schutz zu suchen, liegt das meist an den dort oft sehr schlech­ten Lebens­be­din­gun­gen. Das Flug­ha­fen­ver­fah­ren ist in jedem Fall nicht die rich­ti­ge Ant­wort auf die­ses Phä­no­men. Die Bun­des­re­gie­rung soll­te sich statt­des­sen für die Ver­bes­se­rung der Lebens­um­stän­de von Flücht­lin­gen in allen Mit­glied­staa­ten stark machen“, for­dert Judith.

PRO ASYL hat­te im Rah­men der Ver­bän­de­an­hö­rung den Refe­ren­ten­ent­wurf des Bun­des­in­nen­mi­nis­te­ri­ums kom­men­tiert. Wäh­rend des Res­sort­ver­fah­rens kommt es meist noch zu Ände­run­gen des Geset­zes­ent­wurfs, der dann im Kabi­nett beschlos­sen wird. Die end­gül­ti­ge Fas­sung ist bis­her noch nicht öffentlich.

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