10.07.2025

Heu­te wird im Bun­des­tag in ers­ter Lesung über den Gesetz­ent­wurf „zur Bestim­mung siche­rer Her­kunfts­staa­ten durch Rechts­ver­ord­nung und Abschaf­fung des anwalt­li­chen Ver­tre­ters bei Abschie­bungs­haft und Aus­rei­se­ge­wahr­sam” dis­ku­tiert. PRO ASYL lehnt den Gesetz­ent­wurf ins­ge­samt ab.

Heu­te berät der Bun­des­tag erst­mals über einen Gesetz­ent­wurf, der es der Bun­des­re­gie­rung ermög­li­chen soll, neue „siche­re Her­kunfts­staa­ten“ per Ver­ord­nung – also ohne Zustim­mung von Bun­des­tag und Bun­des­rat – fest­zu­le­gen. Gleich­zei­tig soll die ver­pflich­ten­de anwalt­li­che Ver­tre­tung in Abschie­bungs­haft­ver­fah­ren abge­schafft wer­den. PRO ASYL warnt: Der Gesetz­ent­wurf schwächt par­la­men­ta­ri­sche Kon­trol­le und ver­schärft bestehen­de rechts­staat­li­che Defizite.

Zu den siche­ren Her­kunfts­staa­ten per Rechtsverordnung

“Wenn heu­te im Bun­des­tag über die Bestim­mung von angeb­lich siche­ren Her­kunfts­staa­ten per Rechts­ver­ord­nung der Regie­rung dis­ku­tiert wird, dann soll­ten sich alle Parlamentarier*innen klar machen: Es geht um nicht weni­ger als das ver­fas­sungs­recht­lich garan­tier­te Mit­spra­che­recht von Bun­des­tag und Bun­des­rat, das hier zur Dis­po­si­ti­on steht. Eine angeb­li­che Umset­zung euro­päi­schen Rechts wird hier vor­ge­scho­be­nen, um sich eines unlieb­sa­men poli­ti­schen und vor allem demo­kra­ti­schen Pro­zes­ses zu ent­le­di­gen. Das ist mehr als besorg­nis­er­re­gend”, kom­men­tiert Wieb­ke Judith, rechts­po­li­ti­sche Spre­che­rin von PRO ASYL.

Arti­kel 16a GG ver­langt für die Ein­stu­fung siche­rer Her­kunfts­staa­ten ein Gesetz mit Zustim­mung von Bun­des­tag und Bun­des­rat. EU-Recht schreibt hin­ge­gen nur Min­dest­stan­dards vor, über­lässt aber den Mit­glied­staa­ten das Ver­fah­ren zur Fest­le­gung. Die­se natio­na­le Umset­zung muss selbst­ver­ständ­lich ver­fas­sungs­ge­mäß erfol­gen – mit par­la­men­ta­ri­scher Betei­li­gung und öffent­li­chem Dis­kurs. PRO ASYL lehnt das Kon­zept siche­rer Her­kunfts­staa­ten grund­sätz­lich ab, da es fai­ren Asyl­ver­fah­ren entgegensteht.

Zur Abschaf­fung des/der Pflichtanwält*in in der Abschiebehaft

Erst vor rund einem Jahr wur­de per Gesetz ein­ge­führt, dass jeder Per­son in der Abschie­be­haft stets von staat­li­cher Sei­te ein Anwalt/eine Anwäl­tin gestellt wer­den muss – ver­gleich­bar also mit dem Straf­recht, wo dies ein unum­stöß­li­ches Prin­zip ist. Denn wenn der Staat einer Per­son die Frei­heit ent­zieht, muss die­se die effek­ti­ve Mög­lich­keit haben, dies gericht­lich über­prü­fen zu las­sen. Was so ein­fach klingt hat auch mit einem hand­fes­ten rechts­staat­li­chen Skan­dal zu tun: Rund die Hälf­te aller Per­so­nen sind laut Sta­tis­ti­ken von Anwält*innen zu Unrecht in Abschiebungshaft.

“Einer­seits schreibt die neue Bun­des­re­gie­rung es sich auf die Fah­ne, zukünf­tig mehr Men­schen in Abschie­be­haft neh­men zu wol­len – durch den Aus­bau von Haft­ka­pa­zi­tä­ten und neue frag­wür­di­ge Kon­struk­te wie einen dau­er­haf­ten Aus­rei­se­ar­rest. Wenn sie nun ver­hin­dern will, dass jeder Per­son dann wenigs­tens ein Anwalt oder eine Anwäl­tin zur Sei­te gestellt wird, wird deut­lich, wor­um es wirk­lich geht: die betrof­fe­nen Men­schen mög­lichst recht­los zu stel­len”, kri­ti­siert Wieb­ke Judith.

PRO ASYL for­dert den Erhalt und die Ver­bes­se­rung der gesetz­li­chen Bestim­mung zum/zur Pflichtanwalt/Pflichtanwältin in der Abschie­bungs­haft. Die Abschaf­fung der Rege­lung sen­det dage­gen ein fata­les Signal bezüg­lich der Rech­te von nach Deutsch­land geflüch­te­ten Menschen.

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