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Solidarität mit Michael Genner!

Der Obmann der Wiener Flüchtlingsberatungsstelle „Asyl in Not“ ist wegen eines Artikels über Fluchthilfe angeklagt. Die Behörden werfen ihm die "Gutheißung einer mit Strafe bedrohten Handlung" vor. Am 6. Februar beginnt der Prozess im Wiener Landesgericht.
„Es gibt auch Schlepper, die Verbrecher sind. Die ihre Leute elendig sterben lassen. Oder Frauen auf den Sklavinnenmarkt liefern. Zuhälter und Mörder! Keine Frage. Diese Lumpen sind Abfallprodukte der Festung Europa. Sie werden erst verschwinden, wenn eines Tages die Festung fällt. Aber vor jedem ehrlichen Schlepper, der saubere Arbeit macht: der seine Kunden sicher aus dem Land des Elends und Hungers, des Terrors und der Verfolgung herausführt, der sie sicher hereinbringt, den Grenzkontrollen zum Trotz, in unser „freies“ Europa, habe ich Achtung.“
So schrieb der seit rund 25 Jahren als Rechtsberater für Asylsuchende tätige Genner in einem Artikel auf der Homepage von „Asyl in Not“, im Zusammenhang mit der Abschiebung von acht pakistanischen Refugeeaktivisten im Sommer 2013 und der Beschuldigung von vier weiteren als organisierte Schlepper – ein Vorwurf, der weitgehend auf unhaltbaren Tatsachen beruhte.
PRO ASYL und andere Flüchtlingsorganisationen fordern seit Jahren legale Einreisewege für Flüchtlinge. Seitdem die EU für alle Herkunftsländer von Flüchtlingen eine Visapflicht eingeführt hat und die Grenzen immer perfekter abschottet, ist es für Asylsuchende so gut wie nicht mehr möglich, ohne die Hilfe von sogenannten Schleusern und gefälschten Dokumenten fliehen zu können.
Dass „Schlepper“ aber auch Lebensretter sein können, dafür gibt es auch historische Beispiele. So wurden Tausende Verfolgten des Nazi-Regimes nur deswegen gerettet, weil sich etwa der Freiheitskämpfer Varian Fry im zweiten Weltkrieg in Frankreich ein Rettungsnetzwerk einführte und den Verfolgten zur Flucht vor den Nationalsozialisten verhalf.
Kriminalisierung einer Meinungsäußerung
Wegen der Worte „ehrliche Schlepper“ soll nun Michael Genner am 6. Februar vor dem Wiener Landgericht der Prozess gemacht werden. Diesen Ausdruck sieht die Wiener Staatsanwaltschaft als „strafwürdiges Gutheißen der Schlepperei“ an. „Die Formulierungen seien geeignet, ‚das allgemeine Rechtsempfinden zu empören oder zur Begehung einer solchen Handlung aufzureizen‘ – wie es Paragraf 282/2 besagt, so die Auffassung der Staatsanwaltschaft. Das Strafverfahren wirft kein gutes Licht auf den Umgang mit dem Grundrecht auf Meinungsfreiheit in Österreich.
Genners Rechtsanwalt beantragte, das Verfahren einzustellen. Zahlreiche Personen aus Politik und Gesellschaft bekundeten Solidarität mit Genner. Die Unterzeichnenden der Online-Petition „Unbedingte Solidarität mit Michael Genner“ verlangen, ebenfalls angezeigt zu werden, sollte die Anklage gegen diesen nicht fallen gelassen werden.
Update (5.2.2014): Der Prozess gegen Michael Genner wurde abgesagt. Medienbericht: Der Standard
Eine Welt, in der niemand einen Fälscher braucht (04.08.14)