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Bundestagsdebatte um Aufnahme syrischer Flüchtlinge
Der Bundestag debattierte am 8. November 2012 über den Schutz und die Aufnahme syrischer Flüchtlinge in der EU und in Deutschland. Anlass für die Debatte waren vorliegende Anträge von Linken und Grünen. Für die CDU/CSU wiederholte Helmut Brandt, vor der aktiven Aufnahme von Flüchtlingen habe für die Bundesregierung die Hilfe vor Ort Priorität. Die Flüchtlinge wollten dort gar nicht weg. Ein nationaler Alleingang sei nicht sinnvoll und die Durchführung eines Aufnahmeverfahrens ohnehin logistisch schwierig. Zur Forderung, Visaanträge syrischer Staatsangehöriger, insbesondere von Familienangehörigen in Deutschland lebende Personen, schnell und wohlwollend zu bearbeiten, wird die Rechtslage zitiert, die so gar nichts an Schnelligkeit und Wohlwollen möglich macht, wenn man denn an allen Anforderungen des Visumverfahrens festhält. Brandts Ausführungen geraten denn auch durchweg zynisch: „Angesichts der augenblicklichen Lage in Syrien wird die Rückkehrabsicht derzeit nur selten nachweisbar sein.“, so Brandt zur Erteilung von Kurzzeitvisa. Auch zur Erteilung von Langzeitvisa an Familienangehörige zitiert er die Rechtslage und kommt zu dem Schluss, man solle von der restriktiven Praxis nicht abweichen: „Wir wollen kein Asyl durch die Hintertür.“. Schließlich verweigert er sich der Forderung nach einer Kündigung des deutsch-syrischen Rückübernahmeabkommens. Man habe ja nun einen gültigen Abschiebungsstopp, sodass es für die Kündigung keine Veranlassung gebe. „Überdies hege ich immer noch die Hoffnung, dass dieser Bürgerkrieg in absehbarer Zeit endet. Dann aber werden wir das Abkommen brauchen.“ Falls sich Deutschland irgendwann zu einem späteren Zeitpunkt zu einem Aufnahmeprogramm entschließe, werde dies angesichts der Dimension des syrischen Flüchtlingsproblems kein Resettlement im Sinne einer Daueraufnahme in Deutschland sein. Möglich wäre nur eine vorübergehende humanitäre Aufnahme für die Dauer des Konfliktes. Ute Granold von der CDU/CSU ergänzt in ihrer Rede, es müsse klar sein, dass die von der Opposition geforderten umfangreichen Resettlement-Programme Fakten schaffen würden, die ungewollt dem Assad-Regime in die Hände spielen könnten. Ein wohlfeiles und fast immer verwendbares Argument gegen jede Art von Resettlement-Programm. Hartfrid Wolff von der FDP, immer gut für ungewöhnliche Formulierungen, äußert sich in seiner Rede ebenfalls zur Frage der Kündigung des Rückübernahmeabkommens. Ein solches Vorgehen „könnte auch so verstanden werden, dass wir nicht mehr an einen baldigen Frieden in Syrien glauben. Wir sollten, meine ich, alles vermeiden, was als Zeichen der Hoffnungslosigkeit gedeutet werden könnte.“. Die Kündigung eines Abschiebungen erleichternden Vertragswerks, geschlossen mit einem menschenrechtsverletzenden Regime – ein Zeichen der Hoffnungslosigkeit? Immerhin signalisiert Wolff dem UNHCR Verständnis für die Situation von Flüchtlingen, die aus Drittstaaten geflohen in Syrien als Flüchtlinge leben. Vielleicht biete es sich an, das Resettlement-Kontingent entsprechend zu nutzen, formuliert Wolff. Da müsste man allerdings erheblich aufstocken, wenn irgendjemand davon etwas haben sollte. Darf man auf die FDP trotz dieser Rede hoffen?