13.09.2022

Der Ver­band bina­tio­na­ler Fami­li­en und Part­ner­schaf­ten, DGB, PRO ASYL und zahl­rei­che zivil­ge­sell­schaft­li­che Orga­ni­sa­tio­nen for­dern die Ampel­ko­ali­ti­on auf, das Erfor­der­nis eines deut­schen Sprach­nach­wei­ses für die Ein­rei­se zu in Deutsch­land leben­den Ehepartner*innen end­lich zu strei­chen. Die Rege­lung ver­hin­dert jähr­lich tau­send­fach das Recht auf ehe­li­ches Zusammenleben. 

Rund ein Drit­tel aller Men­schen, die zu ihrem Ehe­mann oder zu ihrer Ehe­frau nach Deutsch­land zie­hen möch­ten, schei­tern an den dafür erfor­der­li­chen Deutsch­kennt­nis­sen, die sie vor­ab zur Ein­rei­se nach­wei­sen müs­sen. Das sind im Jahr cir­ca 10.000 Paa­re, denen dadurch das gemein­sa­me Leben ver­sagt wird (sie­he Ple­nar­pro­to­koll vom 16.3.22, Fra­ge 31).

Die Regie­rungs­par­tei­en haben vor der par­la­men­ta­ri­schen Som­mer­pau­se den Ent­wurf eines Geset­zes zur Ein­füh­rung eines Chan­cen-Auf­ent­halts­rechts vor­ge­legt. Die­ser sieht vor, dass Ehegatt*innen von in Deutsch­land leben­den Fach­kräf­ten für den Nach­zug kei­nen Nach­weis über bestehen­de deut­sche Sprach­kennt­nis­se mehr erbrin­gen müs­sen. „Wir fra­gen uns, war­um denn nicht gleich für alle? War­um wer­den die Paa­re und Fami­li­en im part­ner­schaft­li­chen Fami­li­en­nach­zug erneut über­gan­gen? Hier könn­ten die Regie­rungs­par­tei­en ihr Ver­spre­chen doch auf ganz­ein­fa­che Art ein­lö­sen. Da genügt ein klei­ner zusätz­li­cher Satz“, so Chry­s­ovalan­tou Van­gelt­zi­ki, Bun­des­ge­schäfts­füh­re­rin Ver­band bina­tio­na­ler Fami­li­en und Partnerschaften.

Auf Initia­ti­ve des Ver­bands bina­tio­na­ler Fami­li­en und Part­ner­schaf­ten haben PRO ASYL und wei­te­re zivil­ge­sell­schaft­li­che Orga­ni­sa­tio­nen, dar­un­ter DER PARITÄTISCHE Gesamt­ver­band, der Deut­sche Gewerk­schafts­bund (DGB), das Bun­des­ju­gend­werk der AWO und zahl­rei­che Lan­des­flücht­lings­rä­te nun einen Auf­ruf ver­öf­fent­licht. Dar­in bekla­gen sie, dass das Sprach­er­for­der­nis für die Betrof­fe­nen in vie­len Fäl­len eine unzu­mut­ba­re Belas­tung dar­stellt und auch unver­hält­nis­mä­ßig ist, denn die deut­sche Spra­che kann sehr viel leich­ter in Deutsch­land als im Aus­land erwor­ben werden.

Die unter­zeich­nen­den Orga­ni­sa­tio­nen sehen in dem Sprach­er­for­der­nis zudem einen Ver­stoß gegen das Recht auf ehe­li­ches und fami­liä­res Zusam­men­le­ben nach Art. 6 GG sowie einen Ver­stoß gegen den Gleich­heits­grund­satz in Art. 3 GG, weil die Vor­ga­be nur eini­ge Paa­re trifft und ande­re nicht. Ange­hö­ri­ge von in Deutsch­land leben­den Hoch­qua­li­fi­zier­ten, Unionsbürger*innen und Men­schen bestimm­ter Her­kunfts­län­der (defi­niert in §41 Auf­enthV) sind von dem Sprach­er­for­der­nis befreit. Im Zuge des geplan­ten Chan­cen-Auf­ent­halts­recht könn­te das bald eben­so für nach­zie­hen­de Ehepartner*innen von in Deutsch­land leben­den Fach- und IT-Kräf­ten gel­ten. Men­schen hin­ge­gen, die zu ihren Ehepartner*innen nach Deutsch­land zie­hen wol­len, die schon die deut­sche Staats­bür­ger­schaft erlangt haben, sowie Ehepartner*innen ande­rer in Deutsch­land leben­der Drittstaater*innen müs­sen den Nach­weis wei­ter­hin erbrin­gen. Dies ist weder aus wirt­schaft­li­chen noch aus huma­ni­tä­ren Grün­den nach­voll­zieh­bar. „Es wird wirk­lich Zeit, die­se Ungleich­be­hand­lung end­lich auf­zu­ge­ben“, for­dert Chry­s­ovalan­tou Van­gelt­zi­ki, Bun­des­ge­schäfts­füh­re­rin des Ver­bands bina­tio­na­ler Fami­li­en und Partnerschaften.

Hin­ter­grund

Im Jahr 2007 wur­de für den Fami­li­en­nach­zug von Ehepartner*innen der Nach­weis ein­fa­cher deut­scher Sprach­kennt­nis­se (Niveau A1) als Vor­aus­set­zung ein­ge­führt. Die­ser umfasst auch schrift­li­che Deutsch­kennt­nis­se und muss bereits vor Ein­rei­se erbracht wer­den. Begrün­det wur­de dies damit, Inte­gra­ti­on zu för­dern und Zwangs­ver­hei­ra­tung ver­hin­dern zu wol­len. Die gesetz­li­chen Aus­nah­me­re­ge­lun­gen (in § 30 Abs. 1 S. 3 Auf­enthG) wer­den behörd­lich so restrik­tiv gehand­habt, dass sie kaum Anwen­dung finden.

Die Regie­rungs­par­tei­en hat­ten in ihrem Koali­ti­ons­ver­trag bereits Ende ver­gan­ge­nen Jah­res eine Ände­rung der Rechts­la­ge ange­kün­digt, so dass „zum Ehe­part­ner oder zur Ehe­part­ne­rin nach­zie­hen­de Per­so­nen […] den erfor­der­li­chen Sprach­nach­weis auch erst unver­züg­lich nach ihrer Ankunft erbrin­gen [kön­nen]“ (S.111). In ihrem Auf­ruf erin­nern die Orga­ni­sa­tio­nen die Regie­rung an ihr Versprechen.

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