25.11.2020

PRO ASYL und Baye­ri­scher Flücht­lings­rat for­dern Abschiebestopp

Wäh­rend in der gesam­ten Bun­des­re­pu­blik über eine Ver­län­ge­rung des (Teil-)Lockdowns und schär­fe­re Maß­nah­men im Kampf gegen Covid-19 dis­ku­tiert wird, schie­ben baye­ri­sche Behör­den wei­ter ab. So auch Mimi T. aus Nürn­berg. Für Don­ners­tag, den 26.11.2020 soll ihre Abschie­bung mit einem Lini­en­flug der Ethio­pian Air­lines geplant sein. Die Betrof­fe­ne wur­de bereits in Abschie­bungs­haft genommen.

Mimi T. hat in Äthio­pi­en nie­man­den mehr. Erfolg­los hat sie bereits ver­sucht, ihre Fami­lie mit­hil­fe des Such­diens­tes des Deut­schen Roten Kreu­zes aus­fin­dig zu machen. Die jun­ge Frau hat 2009 Äthio­pi­en ver­las­sen, weil sie dort als Oppo­si­tio­nel­le gegen das dama­li­ge TPLF-Regime unter­drückt wur­de. Sie wur­de inhaf­tiert und erlitt sexu­el­le Gewalt. Bevor sie vor acht Jah­ren nach Deutsch­land kam, hat sie als Haus­halts­hil­fe in Dubai gear­bei­tet, wo sie geschla­gen und gede­mü­tigt wur­de. Ihr bis­he­ri­ges Leben hat Spu­ren hin­ter­las­sen. Seit län­ge­rem ist Mimi T. im Psy­cho­so­zia­len Zen­trum in Nürn­berg wegen einer schwe­ren depres­si­ven Epi­so­de und Ver­dacht auf eine post­trau­ma­ti­sche Belas­tungs­stö­rung in the­ra­peu­ti­scher Behand­lung. Wei­ter steht sie hier in Deutsch­land in einer Bezie­hung zu einem ande­ren Äthio­pi­er, kirch­lich gehei­ra­tet haben sie schon.

„Und schon wie­der ist es die Aus­län­der­be­hör­de Nürn­berg, die mit bru­ta­len und unbarm­her­zi­gen Abschie­be­plä­nen auf sich auf­merk­sam macht“, kri­ti­siert Johan­na Böhm vom Baye­ri­schen Flücht­lings­rat. „Auf der gan­zen Welt tobt das Covid-19 Virus, das äthio­pi­sche Gesund­heits­sys­tem ist mit der Pan­de­mie heil­los über­for­dert. Das Land ist poli­tisch höchst insta­bil, zudem stellt die Heu­schre­cken­pla­ge Äthio­pi­en vor mas­si­ve Ver­sor­gungs­pro­ble­me. Jetzt eine allein­ste­hen­de, psy­chisch kran­ke Frau dort­hin abzu­schie­ben, ist eine neue Dimen­si­on der Här­te und völ­lig inak­zep­ta­bel“.

Erst vor weni­gen Wochen wur­den meh­re­re Men­schen nach Äthio­pi­en abge­scho­ben. Nun trifft es eine allein­ste­hen­de Frau, die das Land seit über zwölf Jah­ren nicht betre­ten hat.

„Mimi T. zum aktu­el­len Zeit­punkt in ein Land abzu­schie­ben, in dem sie nichts und nie­man­den hat, ist ein Skan­dal“, erklärt Geschäfts­füh­rer Gün­ter Burk­hardt von PRO ASYL. „PRO ASYL for­dert einen gene­rel­len Abschie­be­stopp nach Äthio­pi­en. In eine täg­lich eska­lie­ren­de Situa­ti­on, wo aus einem regio­na­len Kon­flikt ein Flä­chen­brand zu wer­den droht, darf nicht abge­scho­ben wer­den. Gegen die Abschie­bung spricht nicht nur ein Grund, son­dern es liegt eine Viel­zahl an Grün­den vor: Der dro­hen­de Bür­ger­krieg, die unkal­ku­lier­ba­ren Fol­gen der Pan­de­mie sowie die mas­si­ven Ver­sor­gungs­pro­ble­me auf­grund der Heu­schre­cken­pla­ge. Solan­ge nicht klar ist, wie sich der Kon­flikt, die Heu­schre­cken­pla­ge und die Pan­de­mie wei­ter ent­wi­ckeln wer­den, for­dern wir einen gene­rel­len Abschie­be­stopp nach Äthiopien“.

Äthio­pi­en steht an der Schwel­le zum Bür­ger­krieg. Der Kon­flikt zwi­schen der nörd­li­chen Regi­on Tigray und der Zen­tral­re­gie­rung eska­liert seit eini­gen Wochen – wobei die Lage sehr unüber­sicht­lich ist. Berich­tet wird von Hun­der­ten Toten und Ver­letz­ten und über 40.000 Men­schen auf der Flucht. Die Infor­ma­ti­ons­la­ge ist undurch­sich­tig, da Mobil­netz und Inter­net seit Wochen aus­ge­schal­tet sind. Der Kon­flikt hat Poten­zi­al die gesam­te Regi­on zu erschüttern.

Inmit­ten die­ser Kri­se – neben Coro­na-Pan­de­mie und Heu­schre­cken­pla­ge, mit der die Regi­on seit Mona­ten zu kämp­fen hat – hält Deutsch­land den­noch an Abschie­bun­gen nach Äthio­pi­en fest.

 

Bei Rück­fra­gen und Inter­view­wün­schen wen­den Sie sich bit­te an:

Johan­na Böhm | Baye­ri­scher Flücht­lings­rat | 0179 – 13 98 117

Pres­se­stel­le | PRO ASYL |   069 – 24 23 14–30 | presse@prosasyl.de

Alle Presse­mitteilungen