PRO ASYL erreichen – zum Teil auf Grund diesbezüglicher Aufforderungen des BAMF – Anfragen, ob Menschen, die aus Afghanistan evakuiert worden sind und die nicht als Ortskräfte gelten, also z.B. für die Bundeswehr, die GIZ oder andere deutsche Institutionen gearbeitet haben, einen Asylantrag stellen müssen. Diesbezüglich ist Vorsicht geboten.

Das BAMF suggeriert, dass ein Asylantrag notwendig sei – und rudert kurz darauf selbst zurück

Das Bun­des­amt für Migra­ti­on & Flücht­lin­ge (BAMF) hat offen­bar in den letz­ten Tagen Schrei­ben an aus Afgha­ni­stan eva­ku­ier­te Men­schen ver­schickt, denen zufol­ge ihr Visum i.d.R. nur zu einem Auf­ent­halt für 90 Tage berech­tigt und dass die Ertei­lung einer Auf­ent­halts­er­laub­nis nach § 22 Satz 2 Auf­enthG (wie es z.B. für die deut­schen Orts­kräf­te vor­ge­se­hen ist) in ihrem Fall ausscheide.

Aus die­sem Grund wer­den sie auf die Mög­lich­keit, ein Asyl­ge­such zu äußern, hin­ge­wie­sen und dass im Asyl­ver­fah­ren ihr Auf­ent­halts­sta­tus lang­fris­tig geklärt wer­den kön­ne. Im Fol­gen­den wird in besag­ten Schrei­ben erklärt, wo und wie man ein Asyl­ge­such äußern kann, wie die ers­ten Ver­fah­rens­schrit­te ablau­fen, sowie das mit Beginn des Asyl­ver­fah­rens die Unter­brin­gung in einer Auf­nah­me­ein­rich­tung und die Ver­sor­gung nach dem Asyl­be­wer­ber­leis­tungs­ge­setz gewähr­leis­tet sei.

Das BAMF sug­ge­riert den neu in Deutsch­land ange­kom­me­nen Men­schen, dass sie drin­gend einen Asyl­an­trag stel­len müss­ten – oder ansons­ten nicht blei­ben könn­ten. Dies ist aber falsch!

Damit wird den neu in Deutsch­land ange­kom­me­nen und noch unter dem Ein­druck der dra­ma­ti­schen Eva­ku­ie­rungs­ak­ti­on ste­hen­den Men­schen sug­ge­riert, dass sie drin­gend einen Asyl­an­trag stel­len müss­ten – oder ansons­ten nicht in Deutsch­land blei­ben könn­ten. Dies ist aber falsch und kann sogar nach­tei­li­ge Fol­gen haben!

Um die Sache für die Betrof­fe­nen noch ver­wir­ren­der zu machen: In eini­gen Fäl­len hat das BAMF die Ange­schrie­be­nen nun in einem zwei­ten Schrei­ben dar­um gebe­ten, die Auf­for­de­rung zur Asyl­an­trag­stel­lung als gegen­stands­los zu betrach­ten. Die­se Schrei­ben waren mit dem Hin­weis ver­se­hen, dass im kon­kre­ten Fall noch kei­ne abschlie­ßen­de Ent­schei­dung über eine Auf­nah­me­zu­sa­ge nach § 22 Satz 2 Auf­enthG ergan­gen sei.

Regelmäßig Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 22 AufenthG

Ganz klar ist: Eva­ku­ier­te Per­so­nen mit Visa nach § 22 Auf­enthG soll­ten nicht vor­schnell einen Asyl­an­trag stel­len. Es ist zwar rich­tig, dass das erteil­te Visum zunächst nur für 90 Tage gül­tig ist – ein Grund zur Eile oder gar einer über­stürz­ten Asyl­an­trag­stel­lung besteht jedoch nicht, im Gegen­teil. Denn bei einer Auf­nah­me aus dem Aus­land im Rah­men des § 22 Auf­enthG ist bereits vor der Visum­ser­tei­lung eine beson­de­re Schutz­be­dürf­tig­keit der Betrof­fe­nen fest­ge­stellt wor­den. Ergo ist in der Regel davon aus­zu­ge­hen, dass Per­so­nen, die ein Visum nach § 22 Auf­enthG erhal­ten haben, im Anschluss auch eine Auf­ent­halts­er­laub­nis nach § 22 Auf­enthG erhal­ten sollten.

Schließ­lich geht es sowohl bei der Visa­er­tei­lung als auch bei Ertei­lung einer Auf­ent­halts­er­laub­nis um die glei­chen tat­be­stand­li­chen Vor­aus­set­zun­gen. Eva­ku­ier­te soll­ten sich also zunächst inner­halb des Gül­tig­keits­zeit­raums des Visums an die für sie zustän­di­ge Aus­län­der­be­hör­de rich­ten und dort einen Antrag auf Ertei­lung einer Auf­ent­halts­er­laub­nis nach § 22 Auf­enthG stel­len. Soll­te die­ser Antrag abge­lehnt wer­den, kann – nach Prü­fung der Recht­mä­ßig­keit einer sol­chen Ent­schei­dung – immer noch ein Asyl­an­trag gestellt werden.

Asylanträge führen zum Erlöschen des erteilten Visums – bei ungewissen Erfolgsaussichten

Hin­zu kommt: Im Fal­le einer Asyl­an­trag­stel­lung erlischt das nach § 22 Auf­enthG erteil­te Visum gemäß § 55 Abs. 2 AsylG. Wur­de bereits eine Auf­ent­halts­er­laub­nis erteilt, so erlischt auch die­se im Fal­le der Stel­lung eines Asyl­an­trags nach § 51 Abs. 1 Nr. 8 Auf­enthG.

Es ist noch unklar, ob das BAMF sei­ne bis­lang äußerst restrik­ti­ve Ent­schei­dungs­pra­xis zu Afgha­ni­stan revi­die­ren wird.

Über­dies dür­fe es in vie­len Fäl­len auch des­halb nicht rat­sam zu sein, einen Asyl­an­trag zu stel­len, da der­zeit lei­der noch unklar ist, ob das BAMF sei­ne bis­lang äußerst restrik­ti­ve Ent­schei­dungs­pra­xis revi­die­ren wird und den nöti­gen Schutz ertei­len wird.

Vor einem möglichen Asylantrag unbedingt fachliche Beratung einholen!

Soll­te trotz­dem in bestimm­ten Ein­zel­fäl­len ein Asyl­an­trag als sinn­voll oder not­wen­dig erach­tet wer­den, bspw. weil es anhand der indi­vi­du­el­len Umstän­de sehr gute Chan­cen auf den (bes­se­ren) Flücht­lings­sta­tus geben könn­te oder weil enge Ange­hö­ri­ge im Rah­men des Fami­li­en­nach­zugs nach­ge­holt wer­den sol­len, soll­ten die Betrof­fe­nen  unbe­dingt vor­he­ri­ge fach­li­che Bera­tung bei einer Flücht­lings­be­ra­tungs­stel­le oder einer Anwäl­tin / einem Anwalt auf­su­chen, um mög­li­che Nach­tei­le zu vermeiden.

Hier haben wir wei­te­re Infor­ma­tio­nen zum § 22 Auf­enthG und den dar­aus fol­gen­den Rech­ten zusammengestellt.

(dmo/pva)